Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll81. Sitzung / Seite 214

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Parlament Frauenpolitik. Wenn Sie, Herr Abgeordneter Riepl, sagen, Politik soll sich aus Gehaltsverhandlungen raushalten, dann meine ich, dass das ein starkes Stück ist. Dagegen verwahren wir uns. Das kann nicht sein!

Frauenpolitik wird hier im Parlament gemacht; wir schauen, dass die Frauen ein entsprechendes Einkommen haben – und nicht die Gewerkschaft. (Beifall der Abgeord­neten Gartelgruber und Neubauer.)

Die Gewerkschaften können verhandeln, aber wir haben die Schuldigkeit und auch die Verantwortung, die Frauen in keinster Weise der Gewerkschaft allein zu überlassen. Das wäre sehr traurig. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Antrag der Frau Abgeordneten Gartel­gruber: Ich verstehe das, und ich verstehe auch das Ansinnen, Einfluss zu nehmen beziehungsweise die Sozialpartner aufzufordern, bei den Kollektivvertragsverhandlun­gen entsprechend tätig zu werden. Man sollte auch hinterfragen, ob jene, die hier ad personam diskutieren und verhandeln – es sind ja nahezu ausschließlich Männer –, wirklich das Wissen und das Verständnis dafür haben, was Frauen brauchen. – Das sage ich einmal dazu.

Dennoch sage ich auch ganz klar: Die Verbesserung der Einkommenssituation von Frauen zu erreichen, bedarf einer Reihe von Maßnahmen. Es ist nicht allein damit getan, die Kollektivverträge entsprechend anzupassen. Natürlich wäre das eine ein­fache Lösung, aber keine nachhaltige. (Zwischenruf der Abg. Gartelgruber.)

Wir alle wissen – und das haben viele Diskussionsbeiträge zum Frauenbericht heute auch aufgezeigt –, dass die Einkommenssituation nach wie vor eine schlechte ist, dass sie weit auseinanderklafft, was Frauen und Männer betrifft, und dass gerade in jenen Bereichen des Dienstleistungssektors mit geringen Löhnen und schlechten Aufstiegs­chancen junge Frauen ihren Beruf wählen.

Daher braucht es aus meiner Sicht eine gezielte Ausbildung und Berufsberatung, und zwar schon in der Pflichtschule und nicht erst dann, wenn es darum geht, den Beruf zu wählen. Wir brauchen eine verpflichtende, flächendeckende Beratung an der Schwelle zum Übertritt in weiterführende Schulen – mit 10 Jahren, mit 14 Jahren, mit 18 Jahren.

Ich glaube auch, dass die tatsächliche Beteiligung von Frauen in Führungsgremien eine Besserstellung der Positionen von Frauen in den Betrieben erwarten lässt. Aber eines gehört auch dazu – und da müssen die Frauen selbst an sich glauben und sich am Riemen reißen –: lebensbegleitendes und lebenslanges Lernen, das zur Selbstver­ständlichkeit werden muss, auch wenn es neben den familiären Aufgaben und der Kindererziehung natürlich nicht leicht für die Frauen ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich hoffe aber sehr auf die Novelle des Gleichbehandlungsgesetzes, die am Dienstag im Ministerrat beschlossen wurde, mit dem Kernpunkt der Einführung von anonymisier­ten Einkommensberichten. Ich lasse mich überraschen, ob diese Maßnahme tatsächlich reicht. Die Lohnunterschiede werden dadurch jedenfalls – nehme ich an – aufgezeigt werden, und es soll vor allem – und deshalb unterstütze ich das auch – eine bewusstseinsbildende Maßnahme sein, um diese ungerechte Differenz zwischen den Einkommen der Frauen und der Männer hervorzuheben und auch zu entschärfen.

Meine Damen und Herren, der Bericht der Europäischen Kommission zeigt, dass durch die Beseitigung der Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen allein im Euro-Raum die Wirtschaftsleistung um 27 Prozent gesteigert werden kann. In Österreich könnten wir die Wirtschaftsleistung, wenn diese Lohnunterschiede beseitigt werden, sogar um 32 Prozent steigern. Wir lassen diese Ressourcen liegen; das ist fahrlässig. Wir nützen die Chancen nicht, die wir durch das Wissen und das Können der Frauen haben.

 


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