Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll81. Sitzung / Seite 299

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Oberstaatsanwaltschaft Graz angehörende) Oberstaatsanwalt Dr. Thomas Mühlbacher zunächst mit der Klärung der Frage befasst wurde, ob der Evaluierungskommission die ihr von justizieller, insbesondere staatsanwaltschaftlicher Seite langfristig verwehrte Einsicht in die unter Verschluss gehaltenen polizeilichen Niederschriften mit Natascha Kampusch zu eröffnen sei. Unter dem Eindruck eines im Wochenmagazin „profilveröffentlichten Interviews mit dem Leitenden Oberstaatsanwalt Dr. Werner Pleischl (Oberstaatsanwaltschaft Wien) richtete der Gefertigte (als ehrenamtliches Mitglied der Evaluierungskommission) am 24. Juli 2009 ein (in seinem Wortlaut der Beilage 1 zu entnehmendes) Schreiben an die Justizministerin Dr. Bandion-Ortner, in dem jene gravierenden Gründe angeführt wurden, die eine ehestmögliche, nach konkreten verfahrensaktuellen Erfahrungen im Interesse eines sachdienlichen Verfahrensfort­ganges unabdingbare Übertragung der weiteren justiziellen Fallbearbeitung aus dem Verantwortungsbereich der Oberstaatsanwaltschaft Wien an eine andere, ihrem Ein­fluss nicht unterliegende staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverantwortung dringend nahe legten. Dem Kabinettschef des Justizministeriums Mag. Georg Krakow ging per Mail eine entsprechende Vorausinformation zu (Beilage 2). Initiativen zur Übertragung der leitenden Ermittlungsverantwortung aus dem Kompetenzbereich der Oberstaats­anwaltschaft Wien zu einer ihrem Einfluss nicht unterliegenden Ermittlungsleitung sind in der Folge nicht bekannt geworden. Man beschränkte sich lediglich auf die Veranlas­sung einer partiellen Unterstützung der staatsanwaltschaftlichen Fallbearbeitung, indem OStA Dr. Mühlbacher mit einem Teil seiner Arbeitskraft für das weitere, in der führenden Verantwortung der Oberstaatsanwaltschaft Wien belassene Ermittlungs­ver­fahren freigestellt wurde.

Bei den eingangs zu den Punkten 1. bis 5. angesprochenen Auffälligkeiten in der Wahrnehmung staatsanwaltschaftlicher Verantwortung handelt es sich im Einzelnen um folgende aktenkundige Fakten:

Ad 1. und 2.):

a) Beharrliche Nichtbeachtung der Angaben der einzigen unbeteiligten Zeugin Ischtar Rahel AKCAN zum Tathergang am 2. März 1998

Die damals zehnjährige Natascha Kampusch wurde bekanntlich am 2. März 1998 kurz nach 7 Uhr in Wien 22., Rennbahnweg, auf dem Schulweg in einen weißen Kasten­wagen gezerrt und war in der Folge bis zum Frühnachmittag des 23. August 2006 abgängig. Der Täterzugriff und der Abtransport des Tatopfers wurden von einer (der neben Natascha Kampusch einzigen) Tatzeugin unmittelbar wahrgenommen. Es handelte sich dabei um die damals zwölfjährige Schülerin Ischtar Rahel AKCAN, die das (aus seiner Zufahrtsrichtung gesehen am rechten Fahrbahnrand) geparkte Tatfahr­zeug zum Tatzeitpunkt auf dem gegenüberliegenden Gehsteig in zur Opferannäherung entgegengesetzter Gehrichtung passierte. Ihre von Anfang an wesentlichen Angaben über die unmittelbare Tatbeteiligung zweier männlicher Personen, die der späteren Darstellung der Natascha Kampusch, sie sei lediglich von Wolfgang Priklopil ohne Beteiligung eines Komplizen entführt worden, unvereinbar zuwiderlaufen, fanden in den sicherheitsbehördlichen Ermittlungsakten nachangeführten Niederschlag, auf des­sen detaillierte Wiedergabe hier wegen seiner besonderen Bedeutung nicht verzichtet werden kann:

Am 3. März 1998 meldete sich Ischtar Rahel AKCAN in Begleitung ihrer Mutter Rosa AKCAN am Polizeiwachzimmer 1220 Wien, Rennbahnweg 27, und machte Angaben zum Tathergang, die mit polizeilichem Bericht vom selben Tag inhaltlich festgehalten wurden. Die Tatzeugin bekundete dabei ausdrücklich und unmissverständlich die Be­teili­gung zweier Täter, nämlich die Handanlegung durch einen von ihr detailliert be­schrie­benen (später als Wolfgang Priklopil identifizierten) Täter und die Fahrzeug-


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite