Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll81. Sitzung / Seite 321

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überhaupt noch nie oder nur partiell und nicht auf der Basis des zuletzt aktuellen Ermittlungsstandes vernommen worden waren. Es bedurfte in der Folge initiativer Bemühungen der (über ihren Abschlussbericht vom Juni 2008 hinaus fallbefassten) Evaluierungskommission und der sie unterstützenden kriminalpolizeilichen Beamten wie auch der dankenswerten Einflussnahme durch das Bundesministerium für Justiz, bis sich die Staatsanwaltschaft Wien mit einer Verzögerung von rund einem halben Jahr im November 2008 zu einem denkbar vage gehaltenen Ermittlungsauftrag an das Bundeskriminalamt verstand, zu dem die daraufhin dort eingerichtete operative Sonderkommission (mit begleitender Beratung durch die seitens der Bundesministerin für Inneres entsprechend neu beauftragte Evaluierungskommission) umfangreiche sachdienliche Ermittlungen durchführte.

Diese ergaben unter anderem die restlose Aufklärung zweier Kapitalverbrechen, die mangels Ausforschung der Täter beziehungsweise mangels staatsanwaltschaftlicher Beachtung der aus der seinerzeitigen sicherheitsbehördlichen Anzeige ersichtlichen, strafrechtlich relevanten Ermittlungsergebnisse bis zu diesem Zeitpunkt ungeahndet geblieben waren.

Im Jänner 2009 wurden entsprechende Vollanzeigen gegen die (geständigen) Täter erstattet, die in einem Fall mit der Anregung einer zur Geständnisobjektivierung erforderlichen Provisorialmaßnahme (gerichtliche Anordnung einer Kontoeröffnung) verbunden war. Das weitere Schicksal dieser Anzeigen deckt sich mit jenem beharrlichen staatsanwaltschaftlichen Autismus, den die weiteren Zwischenberichte und Anregungen der operativen Sonderkommission zum Fall Kampusch erfahren mussten. Im Klartext: Es gab und gibt diesbezüglich keine Reaktion der Staats­anwaltschaft. Für das Innenressort erhebt sich daher auch insoweit die Frage nach den hiefür maßgeblichen Gründen.

Zur Bedeutung und zum fallbezogenen Aussagewert der an die Staatsanwaltschaft Wien berichteten kriminalpolizeilichen Ermittlungsergebnisse sei lediglich beispiels­weise auf inzwischen niederschriftlich festgehaltene Angaben verschiedener Personen darüber verwiesen, dass der sinnfällig der Mittäterschaft Verdächtige während der Zeit der Abgängigkeit der Natascha Kampusch wiederholt an unterschiedlichen Orten gemeinsam mit Wolfgang Priklopil und dem Tatopfer angetroffen worden war. Weder dieser, noch andere vergleichbar wesentliche Aspekte waren bisher geeignet, die Staatsanwaltschaft Wien und die Oberstaatsanwaltschaft Wien von ihrer chroni­schen Resistenz gegen plausibel begründete kriminalpolizeiliche Ermittlungs­ergebnis­se und -anregungen abzubringen. Für das Innenressort erhebt sich abermals die Frage nach den dafür ausschlaggebenden Gründen.

Ein staatsanwaltschaftlicher Verantwortungsbereich, der sich trotz damals bereits achtjähriger Kenntnis der Angaben der einzigen Tatzeugin dazu versteht, allein auf der Basis sinnfällig überprüfungsbedürftiger Opferangaben über die angebliche Alleinver­antwortung eines aus dem Leben geschiedenen Täters sämtliches Beweismaterial aus dem Täterhaus freizugeben, und in der Folge jedwedes Interesse an von stetem Erfolgsfortschritt gekennzeichneten kriminalpolizeilichen Ermittlungen vermissen lässt, diese Ermittlungen zudem durch den beharrlichen Verschluss der Niederschriften mit den Primärangaben des Tatopfers partiell erheblich behindert und schließlich im Zusammenhang mit dem bisher einzigen Kommissionskontakt die oben ange­sproche­ne Doppelbödigkeit der Meinungsbildung erkennen lässt, gibt schon isoliert betrachtet Anlass zu massiven Bedenken gegen seine fallbezogene Ermittlungsbereitschaft und Sachkompetenz. Diese finden nunmehr durch die eingangs erwähnte Interviewein­lassung seines führenden Leiters eine negative Krönung. Es versteht sich von selbst, dass im Arbeitsdruck mitunter unterlaufene, in langfristigen Abläufen unvermeidbare Fehler nicht geeignet sein müssen, das Verantwortungsbewusstsein und die Sachkom-


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