Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll81. Sitzung / Seite 323

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licher Seite dazu bisher beharrlich praktizierte Rechtsstandpunkt ist mit dem (noch dazu wie bereits dargelegt lediglich einäugigen, weil nicht sämtliche denkbaren Opfer­ris­ken mitberücksichtigenden) Hinweis auf den Schutz individueller Opferinteressen nicht hinreichend zu rechtfertigen. Speziell bei Kapitalverbrechen fällt das öffentliche Interesse an umfassender Wahrheitsfindung massiv ins Gewicht. Dass die staats­anwaltschaftliche Problemsicht von einem Leitenden Oberstaatsanwalt führend mitbestimmt wird, der sich als damaliger Legist des Bundesministeriums für Justiz jahrelang als zutiefst überzeugter Bannerträger des seit Jahresanfang 2008 für das strafprozessuale Vorverfahren in Geltung stehenden kriminalpolizeilichen-staats­an­walt­schaftlichen Kooperationsmodells präsentiert hat, ist nicht geeignet, die in Rede stehende Rechtsauffassung der Anklagebehörden schlüssiger, geschweige denn sachdienlicher erscheinen zu lassen.

In sachbezogener Sorge verbunden respektvoll grüßend

(Dr. Johann Rzeszut)

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„Fall Kampusch“

Betreff: Fall Kampusch“

Von: Johann Rzeszut <johann.rz@aon.at> 

Datum: Sat, 25 Jul 2009 20:20:21 +0200

An: georg.krakow@bmj.gv.at

Sehr geehrter Herr Kabinettsleiter, lieber Georg,

kollegial und freundschaftlich verbunden darf ich Dir als Inhalt eines persönlichen Schreibens an die Frau Bundesministerin für Justiz übermitteln, das ich gestern (nach unserer Sitzung) im Einvernehmen mit allen Mitgliedern der Evaluierungskommission zur Post gegeben habe. Dazu darf ich privat und ergänzend bemerken, dass alle Mitglieder der Evaluierungskommission (Univ. Prof. Dr. Adamovich, Univ.Prof. Reindl-Krauskopf, SC Dr. Mathias Vogl, Dr. Thomas Müller, der Leiter des Landes­kriminalamtes für Oberösterreich Dr. Keplinger, ich selbst sowie assistierend der Leiter des Landeskriminalamtes für Steiermark Oberst Kröll und Mag. Semler von der Sicherheitsakademie) die wir – teils in Erfüllung einer beruflichen Zusatzverpflichtung, teils rein ehrenamtlich – seit rund eineinhalb Jahren im öffentlichen Interesse nach bestem Wissen und Gewissen, mit ausschließlich sachorientiertem Engagement und mit vollem Einsatz um die Erfüllung unseres Auftrages bemüht sind, (gelinde aus­gedrückt) erschüttert sind, wie seitens der Justiz mit dem in Rede stehenden Kriminalfall umgegangen wird. Wir sehen bei unveränderten Rahmenbedingungen (Staatsanwaltschaft Wien und insbesondere der fortgesetzte Kniefall vor der im angesprochenen Zusammenhang völlig indiskutablen Oberstaatsanwaltschaft Wien) für unseren Einsatz und unsere Bemühungen keinen Sinn mehr und haben (nach den noch ausständigen Finalvernehmungen durch die operative Sonderkommission des BKA) einen detaillierten Endbericht im Auge, der aller Voraussicht nach auf einen handfesten Justizskandal hinauslaufen wird. Ich muss nicht betonen, dass ich mich selbstverständlich nach wie vor dem Justizbereich aufs Engste verbunden fühle und diese Entwicklung daher besonders bedauere, aber gerade bei Wertschätzung fundamentaler Interessen der österreichischen Strafrechtspflege und der inländischen Rechtsstaatlichkeit im Allgemeinen kann man derartige Zustände nicht reaktionslos hinnehmen. Ein fallbezogen an ernstzunehmender Dienstaufsicht ersichtlich nicht interessierter Oberstaatsanwalt, der in einem selbst international beachteten Kriminal-


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