Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll81. Sitzung / Seite 333

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Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Frau Präsidentin! Der Sachverhalt ist relativ klar. Der Fall Kampusch ist ebenfalls klar. Im Jahr 2008 gibt es eine Evaluie­rungskommission, der neben renommierten Beamten und einer Wissenschaftlerin auch der ehemalige Präsident des Verfassungsgerichtshofes Ludwig Adamovich, der be­rühmte Kriminalpsychologe Dr. Thomas Müller – Sie wissen, Franz Fuchs – und der ehemalige Präsident des Obersten Gerichtshofes Dr. Johann Rzeszut angehörte. Diese haben Evaluierungsberichte erstellt, und daraufhin wurde die Staatsanwaltschaft in Wien tätig. Dann wurde auch die Staatsanwaltschaft in Graz tätig.

Dennoch war einer, der sich besonders gut auskennt, nicht sehr zufrieden mit diesen Ermittlungen, die nachher getätigt wurden, und er hat sich dann mit einem Dossier an die Spitze der Justiz gewandt. Dort ist auch eine Zeit lang nichts passiert, und jetzt hat das Parlament in Form der fünf Klubobleute Post bekommen, eben vom Präsidenten des Obersten Gerichtshofes i.R., Rzeszut.

Dieser kommt in seinem Dossier zu bemerkenswerten Schlüssen, nämlich dass die Staatsanwaltschaft Wien, aber auch die Oberstaatsanwaltschaft Wien konsequent und beharrlich Vernachlässigung entscheidender polizeilicher Ermittlungsergebnisse betrieben haben, langfristig verzögert haben, Berichte negiert worden sind, es zu wesentlichen und langfristigen Behinderungen der Evaluierung gekommen ist, mediale Verbreitungen krass wahrheitswidriger Informationen passiert sind, sachlich nicht vertretbare Druckausübungen auf ermittelnde Beamte erfolgt sind, fachlich nicht nachvollziehbare Pflichtverweigerungen erfolgt sind und Beweisgrundlagen von schlagender Qualität unter den Tisch fallen gelassen worden sind.

Meine Damen und Herren! Es ist sehr unbefriedigend, und ich glaube, es ist jetzt die Pflicht dieses Hauses, die Vollziehung, insbesondere die der Staatsanwaltschaft, zu untersuchen.

Ich kenne schon die Argumentationen, die kommen werden: Bevor wir einen parla­mentarischen Untersuchungsausschuss machen, muss man ja zuerst einmal die ordentlichen Gerichte fragen, die unabhängige Justiz. – Die wird nur nicht gefragt, weil die ganze Angelegenheit von einer Staatsanwaltschaft zur anderen geschoben wird, nicht nur, weil Verjährungen eintreten könnten oder ähnliches, sondern weil es über­haupt niemanden interessiert.

Ich erlaube mir jetzt, nur um es ein bisschen deutlich zu machen, auch etwas zu zitieren, und zwar was Herr Präsident Rzeszut zum Punkt der medialen Verbreitung krass wahrheitswidriger Informationen meint. Ich zitiere:

„Die ab Herbst 2008 zur weiteren Fallbearbeitung eingesetzte operative Sonder­kommission des Bundeskriminalamtes erstattete der Staatsanwaltschaft Wien zum Ermitt­lungsfortgang in der Zeit vom 4. Februar 2009 bis 14. Juli 2009 insgesamt sechs Zwischenberichte, denen insbesondere die Ergebnisse der Befragungen von insgesamt 102 Personen und zwei Zeugenvernehmungen zugrunde lagen“ ...

Und weiters: „Obwohl diesen kriminalpolizeilichen Berichten wiederholt weiterer ermittlungs­strategischer Handlungsbedarf zu entnehmen war, unterblieb dazu seitens der im Ermittlungsverfahren leitungsbefugten Staatsanwaltschaft Wien jedweder Rückkontakt beziehungsweise jedwede Reaktion. Dessenungeachtet verstieg sich der damalige Mediensprecher dieser Behörde,“  – ein Staatsanwalt, wir kennen ihn auch aus dem Untersuchungsausschuss des letzten Jahres –  „in sommerlichen Zeitungs­interviews zu den die Realität krass verkehrenden Behauptungen, ‚dass die Krimi­nalisten in acht Monaten nur eine einzige Einvernahme durchgeführt haben, was nicht eben viel‘ sei (Tageszeitung Kurier) bzw. ‚Wir hatten der SOKO schon im Novem-


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