gebracht hat, in der man sich über Kompetenzstreitigkeiten die Verantwortung wechselseitig zugeschoben hat.
Wir haben jetzt einen Gesetzentwurf, der zumindest Anlass zur Hoffnung gibt, dass es tatsächlich zur Sanierung und Erhaltung kommt. Ich bin aber deswegen so vorsichtig, weil das Gesetz eine Lösung anbietet, die schon die Gefahr in sich birgt, dass sich Gemeinden und Bund die Verantwortung wieder wechselseitig zuschieben.
Dieses Gesetz verlangt, dass, wenn ein jüdischer Friedhof saniert wird, die Gemeinden gleichzeitig die Verpflichtung übernehmen, 20 Jahre für die Erhaltung zu sorgen. Jetzt verstehen Sie mich nicht falsch, grundsätzlich macht es schon Sinn, dass ein Friedhof, der saniert wird, dann auch erhalten wird. Alles andere wäre ja widersinnig. Aber was nicht vergessen werden darf, ist, dass man damit die Sanierung davon abhängig macht, dass die Gemeinden auch tatsächlich ein Interesse an der Erhaltung der Friedhöfe haben. Die bisherige Vorgeschichte lässt mich da zumindest äußerst skeptisch sein.
Wenn wir Pech haben, ändert sich nämlich gar nichts, weil es zu keiner Sanierung kommt, weil die Gemeinden die Erhaltungsverpflichtung nicht übernehmen. Die Klubobleute der Parlamentsfraktionen haben ja schon von den Gemeinden Post bekommen, und zwar von der Stadtgemeinde Baden. Diese schreibt, ganz aktuell, am 4. November, und zwar Bezug nehmend auf diese Bestimmung – ich zitiere –:
Mit dieser Bestimmung würden den betreffenden Standortgemeinden indirekt langjährige Instandhaltungsverpflichtungen auferlegt, deren betragsmäßige Höhe nicht abschätzbar ist. Gerade in der jetzigen Zeit erscheint dies jedoch keinesfalls erfüllbar, stellt sich doch die Finanzlage der meisten Städte und Gemeinden, darunter auch jene der Stadt Baden, als äußerst angespannt dar. – Zitatende.
Wenn das kein Einzelbeispiel ist, wovon ich nicht ausgehe, dann hieße das, dass die Gemeinden diese Erhaltungsverpflichtung nicht übernehmen und es im Ergebnis zu keiner Sanierung kommt. Und man muss dazusagen, die Stadtgemeinde Baden ist eine relativ unverdächtige Gemeinde, die schon zahlreiche Aktivitäten im Zusammenhang mit jüdischen Kultuseinrichtungen gesetzt hat. Das heißt, es geht nicht darum, dass die Gemeinde Baden kein Interesse hat, sondern es geht exemplarisch darum, dass dieses Beispiel zeigt, dass die Gemeinden offensichtlich – und das wissen wir alle und das wissen auch die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in diesem Haus – aufgrund der angespannten Finanzsituation möglicherweise die Spielräume dafür nicht haben. Daher wäre es besser gewesen, der Bund hätte die volle Verantwortung übernommen und hätte auch die finanziellen Mittel für die Erhaltung sichergestellt.
Ich sage gleich dazu: Die Argumente, die kommen, überzeugen schon grundsätzlich nicht. Erstens: Kompetenzdiskussionen sind, wie ich meine, der historischen Dimension nicht angemessen. Wir haben 1938 220 000 Jüdinnen und Juden in Wien gehabt. Nach dem Holocaust waren es 7 500. Dass die Republik aufgrund des Holocausts eine gewisse historische Verantwortung hat, für die Erhaltung zu sorgen, weil die Nachfahren Opfer des Holocausts geworden sind, versteht sich von selbst.
Zum Zweiten: Die Republik hat nach dem Krieg auch die Erhaltung und Pflege der Kriegsgräber übernommen. Verstehen Sie mich nicht falsch, das will ich nicht in Frage stellen. Aber ich glaube, dass man zumindest durchaus dafür eintreten sollte, dass die Kriegsgräber, wo die Erhaltung sehr gut funktioniert, und die jüdischen Friedhöfe gleich behandelt werden sollten.
Unser Antrag hat genau das vorgesehen. Wir haben gesagt, machen wir doch eine Verfassungsbestimmung, wonach sowohl für die Kriegsgräber als auch für die jüdi-
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