Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung / Seite 63

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Sorge bereitet auch die Lage in Nordkorea. Die kommunistische Diktatur hat mit ihrer totalitären Ideologie das Land heruntergewirtschaftet und international isoliert. Freiheit und Rechtsstaatlichkeit existieren nicht. Dazu kommen besondere Formen von Diskri­minierungen der Christen, von denen viele in staatlichen Lagern ums Leben kommen.

Sowohl das Bemühen um die künstliche Festigung einer Staatsidentität wie auch inner­staatliche Konflikte um das Selbstverständnis können zur Diskriminierung von Religio­nen wie auch zur Gewalt gegen religiöse Minderheiten führen. Damit sind christliche Minderheiten gerade auch in Indien, China, Indonesien, Bangladesch und Pakistan konfrontiert - die zusammen mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung ausmachen. So haben diese Entwicklungen zum Beispiel in Indien zu massiven Menschenrechtsver­letzungen geführt. Während die Verfassung des Landes Religionsfreiheit gewährt, ha­ben fundamentalistische Hindunationalisten im Jahr 2008 im Bundesstaat Orissa Aus­schreitungen gegen die dort lebenden Christen organisiert, in deren Verlauf mehr als hundert Menschen ums Leben kamen. Noch immer leben tausende Christen in Flücht­lingslagern und werden an einer Rückkehr in ihre Dörfer gehindert.

Eine dramatische Entwicklung erleben Christen in manchen Ländern des Nahen und Mittleren Osten. Sie stehen dort unter einem hohen Druck, sich entweder zu assimilie­ren oder die Länder zu verlassen. Dort, wo die christliche Kultur ihre Wurzeln hat, ist die Zahl der Christen in den vergangenen Jahrzehnten dramatisch zurückgegangen. Lebten vor hundert Jahren noch etwa 20 % Christen auf dem Gebiet der heutigen Tür­kei, so beträgt ihr der Anteil heute nur noch 0,1 %. Die christlichen Gemeinden in der Türkei sehen sich nach wie vor mit zum Teil existenzgefährdenden Einschränkungen der Religionsfreiheit konfrontiert.

Es gibt Länder, in denen z. B. der Wechsel aus der Mehrheitsreligion mit dem Tod be­droht wird; oder es existiert z. B kein staatliches Recht im Zivilbereich, sondern sämtli­che Bürger ohne Unterschied werden einer ganz spezifischen religionsbezogenen Norm unterworfen. Die Diskriminierung und Verfolgung geschieht in mehrfacher Weise:

a) durch gesetzliche Diskriminierung: z. B durch strafrechtliche Verfolgung, Kriminali­sierung von Glaubenshandlungen, Fehlen von Zivilrecht

b) durch die Staatsmacht: in Form von Überwachungen, Verhaftungen, Verhinderung von Kirchenbauten durch Auflagen u. ä.

c) durch gesellschaftliche Diskriminierung: mittels Ausschluss von öffentlichen hohen Ämtern oder Laufbahnen, durch Schikanen von Behörden und Arbeitgebern, durch so­ziale Ghettoisierung.

Das Recht auf Gedanken- Gewissens- und Religionsfreiheit ist in Art. 9 der Europäi­schen Menschenrechtskonvention (EMRK), in Art. 18 des internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (Zivilpakt), in Art. 18 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sowie in zahlreichen regionalen Menschenrechtskonventionen veran­kert. Dieses Recht gilt universell und rechtlich verbindlich für alle Staaten. Darum ist das Argument, Menschenrechte müssten in kulturellen Zusammenhängen interpretiert werden, nicht nur falsch, sondern auch ein gefährlicher Vorwand, um Menschenrechts­garantien aufzuweichen. Es wird nötig sein, im Dialog mit den politischen Verantwortli­chen in anderen Staaten auf diese völkerrechtlich verankerten Rechte zu verweisen und deutlich zu machen, dass Religionsfreiheit ein universelles und verbindliches Men­schenrecht ist, das immer auch mit der Toleranz gegenüber individuell Andersgläubi­gen wesentlich verbunden ist.

Der österreichische Nationalrat und der Bundesrat haben in den letzten Jahren immer wieder in Resolutionen gegen die Einschränkung der Religionsfreiheit und gegen jede Verfolgung aufgrund des Glaubens Stellung bezogen. So haben sowohl Nationalrat als auch Bundesrat im Jahr 2008 jeweils einstimmig Entschließungen betreffend die zu-


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite