Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung / Seite 72

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Ich darf noch einmal sagen: Wir müssen die Redezeit für die beiden letzten Runden, wenn zwei Redner genannt sind, mit je 4 Minuten festsetzen. Das ergibt für einen Redner 8 Mi­nuten.

Kein Einwand? – Wir gehen daher so vor. (Abg. Ing. Westenthaler: Herr Präsident, wie viel für ÖVP-Redner?)

Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Mag. Hakl. – Bitte. (Abg. Grosz: Also ÖVP-Bo­nus! – Abg. Ing. Westenthaler: Ein Skandal, der Vorsitz!)

 


12.15.57

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Außenminister! Ich bin ganz dankbar, dass die kurze Aussage über die Redezeit wieder etwas Ruhe in die De­batte gebracht hat, denn, Herr Kollege Scheibner, brüllende, zum Teil künstliche Aufre­gung hilft uns in dieser Sache nicht weiter. (Abg. Ing. Westenthaler – in Richtung Prä­sident Neugebauer –: Da schauen wir jetzt ganz genau, wann die aufhört! Da stoppen wir mit! Wach bleiben!)

In diesem Zusammenhang, Herr Bundesminister, danke ich Ihnen einerseits dafür, ge­genüber dem Botschafter der Türkei klare Worte gesprochen zu haben, zum anderen aber auch für eine Außenpolitik mit Augenmaß. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist ein Witz, dass er nicht einmal seinen Antrag verlesen darf!)

Wenn wir heute Beitrittsverhandlungen mit der Türkei führen, so muss uns bewusst sein, dass die Türkei in einer strategisch unglaublich sensiblen und auch bedeutenden Lage mit hohem Wirtschaftswachstum ein für Europa jedenfalls wichtiger Partner ist, ein Partner, mit dem man im gemeinsamen Verhandeln im Gespräch bleiben wird, was eine größe­re Nähe zu Europa und auch eine größere Nähe der Europäer zur Türkei zur Folge ha­ben wird.

Was immer am Ende dieser Verhandlungen stehen wird – und ich bin auch so ehrlich, das zu sagen –, ich glaube nicht, dass dies unbedingt ein Beitritt sein wird oder sein muss, aber ich freue mich, dass man sich nicht auseinanderentwickelt, sondern dass man mit­einander spricht. Herr Außenminister, ich bitte Sie das auch mit Nachdruck so fortzuset­zen.

In Österreich haben wir zweifellos auch Integrationsprobleme, und da hauptsächlich mit einigen Teilen der türkischstämmigen Migranten. Ich möchte einmal eine Lanze für eine sehr kleine Minderheit innerhalb der türkischen Migranten brechen, über die nie jemand spricht, nämlich der unter Druck oder Zwang verheirateten jungen Männer.

Es ist nämlich so, dass nicht nur junge Frauen auch in unserem Land zwangsweise da­zu gebracht werden, eine Ehe eingehen zu müssen. Neulich hatte ich zu Hause einen Stromausfall, und der Elektriker, der kam – ein ganz hervorragender Fachmann –, war ein junger Türke. Wir brauchten noch die Hilfe eines weiteren Experten und kamen ins Gespräch.

Dieser junge Türke hat mir erzählt, dass er mit 20 Jahren von seiner Familie auf einen Türkei-Urlaub mitgenommen wurde. In Anatolien war die gesamte Großfamilie vor Ort. Und die gesamte Großfamilie – alle Onkel und Tanten –, sehr viele Menschen machten zehn Tage lang Druck auf ihn, er möge einer Verheiratung mit seiner Cousine zustim­men. Zehn Tage lang hat er sich gewehrt, dann war er mürbe, dann hat er zugestimmt, hat seine Cousine innerhalb eines Tages geheiratet, sie auch nach Österreich mitge­bracht und von ihr erwartet und verlangt, sie möge Deutsch lernen, was sie nicht getan hat.

Im Jahr darauf ist er wieder in die Türkei gefahren, sie ist dort geblieben. Sie haben sich getrennt. Die Mutter dieses jungen Mannes ist eine Frau, die sich ganz intensiv darum bemüht, Integrationsbestrebungen in Innsbruck besser voranzutreiben. Sie hat es näm-


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite