Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung / Seite 89

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Wochen endlich Bewegung in die Beziehung Serbiens mit der Europäischen Union ge­kommen – die EU-Außenminister haben ja kürzlich die Kommission beauftragt, die Stel­lungnahme zum serbischen Beitrittsgesuch zu erstellen, den sogenannten „Avis“. (Präsi­dent Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Der Fortschrittsbericht 2010 registriert Verbesserungen, es wurde die Visa-Liberalisie­rung realisiert. Die serbische politische Führung hat sehr wichtige Signale der Versöh­nungsbereitschaft in der Region gesetzt.

Das alles, meine Damen und Herren, nützt nicht nur Serbien, sondern der gesamten Bal­kanregion bei ihrem Prozess des Erlangens von Europareife, und zwar in Politik, Wirt­schaft und Gesellschaft.

Das Abkommen, das wir heute ratifizieren, hat bereits eine historische Dimension, denn die Unterzeichnung dieses Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens Ende Ap­ril 2008 war mit ein wichtiger Grund dafür, dass die proeuropäischen Kräfte die serbi­schen Parlamentswahlen im Mai 2008 für sich entscheiden konnten. Die serbische ra­dikale Partei hat sich als Konsequenz dieser Richtungswahl gespalten, und sie ist heu­te eine marginalisierte politische Kraft.

Dieses Abkommen, das wir ratifizieren, hat also für Serbien und für Europa bereits ganz deutliche positive Auswirkungen entfaltet.

Mit der Ratifikation unterstützen wir diese positive Reformdynamik ganz konkret durch Handelserleichterungen, durch die Vertiefung des politischen Dialogs, einschließlich der Zusammenarbeit zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität und der regionalen Zu­sammenarbeit, sowie durch weitere Fortschritte im Bereich der Rechtstaatlichkeit.

Das alles sind greifbare Vorteile nicht nur für die Serbinnen und Serben, sondern auch für die österreichischen Wirtschaftstreibenden. Österreich ist nach wie vor Nummer 1-Investor in Serbien.

Der frühere Krisenherd Südosteuropa ist insgesamt auf dem Weg zu mehr Stabilität, zu mehr Sicherheit und auch zu besserer Zusammenarbeit auf regionaler Ebene. Die EU-Beitrittsperspektive samt den genau definierten Bedingungen, die alle Kandidaten lü­ckenlos umsetzen müssen, ist dabei das zentrale Motivationskraftwerk.

Die Ausdehnung der Visafreiheit nach Erfüllung der damit verbundenen sehr strikten Sicherheitsauflagen ist maßgeblich auf österreichische Bemühungen zurückzuführen. Damit bekommen die Bürger Serbiens und unsere anderen Nachbarn am Balkan end­lich die Chance, sich selbst ein Bild zu machen von diesem neuen, modernen Europa. Dieser Schritt war uns allen besonders deswegen auch wichtig, weil es um unsere Glaubwürdigkeit insbesondere gegenüber den jungen Menschen in Serbien und in Süd­osteuropa geht. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Damit haben wir aber auch einen sehr wichtigen Schritt gesetzt in der Bekämpfung des Menschenhandels, denn der ist als eine Konsequenz dieser Visa-Liberalisierung mit die­sen Ländern mittlerweile weitgehend ausgetrocknet.

Dass Serbien auf allen Ebenen die volle Kooperation mit dem Internationalen Strafge­richtshof für das ehemalige Jugoslawien gewährleisten muss, einschließlich der Ergrei­fung von Ratko Mladić und Goran Hadžić, steht außer Zweifel. In diesem Sinn ist es auch eine gute Entscheidung, was Serbien gestern entschieden hat, nämlich Interpol bei der Fahndung nach den beiden mutmaßlichen Kriegsverbrechern einzubeziehen.

Allerdings darf die umfassende Heranführungspolitik der Europäischen Union gegen­über Serbien nicht auf diese unverzichtbare Forderung nach der Auslieferung von Mla­dić und Hadžić reduziert werden.

Nach der gemeinsamen EU-Serbien-Resolution in der UNO-Generalversammlung im September 2010 sind nunmehr auch die Weichen für einen konstruktiven Dialog mit


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite