Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung / Seite 221

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fassungsgerichtshof so konzipiert hat, dass auch freiere Entscheidungen getroffen wer­den. Und ein Freiberufler hat nun einmal in der Regel einen anderen Zugang zu Frei­heitsrecht und ähnlichen Dingen. Es ist also eine sehr unerfreuliche Entwicklung in die­ser Richtung.

Dazu kommt noch, dass jetzt mit den hier laufenden Bestellungen drei Professoren aus demselben Institut der Wirtschaftsuniversität kommen. Das heißt, drei von vierzehn kom­men aus demselben Institut; zwei Rechtsanwälte, habe ich gerade gesagt, und drei aus demselben Institut – wenn das nicht eine Unausgewogenheit ist! Was die Nachbeset­zung betrifft, wissen wir, es war in dem Fall einer auf dem Ticket der SPÖ, der andere auf dem Ticket der ÖVP, aber dass man sich so etwas nicht ein bisschen besser über­legen kann, ist schon sehr unerfreulich, und das spricht nicht für die Vorgangsweise. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Noch ein Punkt: Man kann sich tatsächlich überlegen, das System anders zu machen, nämlich so, dass man sagt, man bestellt Richter als hauptberuflich auf eine bestimmte Zeit, auf zwölf Jahre, ohne Wiederbesetzung. Die sind dann auch unabhängig, die ha­ben nicht das Problem, dass sie vielleicht in irgendeiner Form andere Interessen ver­treten müssen, Unvereinbarkeiten oder Ähnliches. Nur würde man dann eben die Rechtsanwälte hinausdrängen, das ist immer das große Argument. Wenn ich mir aber das anschaue, frage ich mich, ob dieses Argument überhaupt noch gültig ist.

In unserem System bestellt man bis zum 70. Lebensjahr und versteinert damit natürlich einen zufälligen Zustand, der jetzt gerade herrscht. Das heißt, die zufälligen Mehrheits­verhältnisse des heutigen Parlaments führen dazu, dass ich hier an die 30 Jahre einen Richter habe! Das ist ein durchaus problematisches Verhältnis, und das muss man auch zur Sprache bringen, weil man hier eben etwas versteinert, etwas festlegt und das dann nicht mehr ändern kann.

In diesem Sinne haben wir von der Freiheitlichen Partei einen eigenen Wahlvorschlag eingebracht, und zwar lautend auf Herrn Dr. Johannes Hock, einen Juristen, einen Rechtsanwalt aus Wien, 58er Jahrgang. Er war selbst schon wissenschaftlicher Mitar­beiter am Verfassungsgerichtshof und hat auch zahlreiche Fälle am Verfassungsge­richtshof vertreten. Er ist also eindeutig kompetent und wäre eine Ansage in dem Sinn, wie ich sie vorhin gemacht habe: dass wir den Verfassungsgerichtshof öffnen, vor al­lem auch für Freiberufler, und dass wir dem Sinn der Konzeption des Verfassungsge­richtshofs Nachdruck verleihen.

Ich hoffe, dass Sie sich noch einen Ruck geben und auch im Hinblick auf das, was ich Ihnen über diese komische Gewichtung des Verfassungsgerichtshofs gerade erzählt ha­be, unserem Wahlvorschlag nachkommen. (Beifall bei der FPÖ.)

20.22


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abge­ordnete Mag. Musiol. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


20.23.10

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Wie wichtig diese Funktion ist, für die jetzt Wahlvorschläge vorliegen und über die wir heute abstimmen werden, ist ja schon von meinen Vorrednern angesprochen worden. Der von den Regierungsparteien vorgeschlagene Kandidat Univ.-Prof. Dr. Holoubek ist sicher ein äußerst geeigneter Kandidat, nicht nur aufgrund seiner exzellenten wissenschaftli­chen Arbeit vor allem im Bereich der Grundrechte, sondern insbesondere auch auf­grund seiner Expertise, die er auch im Österreich-Konvent, im Grundrechtsausschuss, ein­gebracht hat.

Vor diesem Hintergrund ist hier sozusagen qualitativ sicher nichts zu bemängeln. Au­ßerdem ist Dr. Holoubek Jahrgang 1962, das heißt, er ist ein relativ junger Kandidat und


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