Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung / Seite 220

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bek für diese Stelle als Verfassungsrichter durchaus empfiehlt. – Danke sehr. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

20.16


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Mag. Stefan. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.16.48

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, zweifellos ist es wichtig, eine Diskussion zu führen, wenn eine Stelle eines Richters des Verfassungsgerichtshofes nachbesetzt wird, und wir haben uns daher für eine Anhörung der Kandidaten eingesetzt.

Leider ist das eine leichte Farce insofern geworden, als wir eine Stunde vor Ende der Anhörung bereits eine APA-Meldung bekommen haben, in der zu lesen war, welcher Kandidat der Favorit der Regierungsparteien ist – und das ist auch zufällig der, der jetzt gerade zwei Mal genannt wurde.

Das tut mir dann natürlich sehr leid für all die anderen, die sich hier melden, denn – wie gesagt wurde, es ist ja richtig – es waren lauter hervorragende Juristen, die zum Teil von weither angereist sind. Diese haben auch eine Reputation, die sie natürlich verlie­ren können oder zumindest kann diese auch beschädigt werden, wenn man nicht ge­nannt wird oder da nicht gewählt wird. Also das ist doch sehr unerfreulich. Und ich fra­ge mich, wer sich dann das nächste Mal als Kandidat melden wird.

Bezeichnend war ja auch, dass bereits zwei sehr gute Kandidaten noch unmittelbar vor der Anhörung ihre Kandidatur zurückgezogen haben. – Also das einmal vorweg. Das ist sehr unerfreulich, ein an sich sehr gutes Instrument der Anhörung, das dazu führen soll­te, dass es hier eine breitere Diskussion gibt, denn immerhin sind es ja die Kandidaten des Parlaments, die hier bestellt werden, und nicht von irgendwelchen Regierungspar­teien oder sonst jemandem. Das ist jene Richterstelle, die vom Parlament nachbesetzt wird, und da sollte es eine offene Diskussion geben und dann eine Entscheidungsfin­dung. Der, der dann herauskommt, sollte der sein, den das Parlament auch bestellt. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Ein zweiter Punkt, der hier auch zu diskutieren ist: Wir haben das System, dass der Verfassungsgerichtshof in sogenannten Sessionen tagt. Das heißt, das sind Personen, die an sich einem Beruf nachgehen können, die Verfassungsrichter sind und einander dann nur drei Mal im Jahr treffen, um die Entscheidungen zu treffen. Das ist ganz be­wusst so gewählt, weil man gesagt hat, da will man eben eine Öffnung haben, damit insbesondere auch Freiberufler, also Rechtsanwälte, daran teilnehmen können und da­mit auch das System etwas offener ist, um es so zu ermöglichen, dass auch die Bevöl­kerung oder auch die juristischen Berufe da weiter vertreten sind. Außerdem werden ja derartige Richter auch bis zu ihrem 70. Lebensjahr bestellt.

Wenn man sich aber die Liste der Richter anschaut, die bereits in Funktion sind, und jetzt die Nachbesetzungen, die gerade im Laufen sind, dann muss man feststellen, dass von den 14 Verfassungsrichtern derzeit drei Rechtsanwältinnen sind – nicht mit gro­ßem „I“, sondern tatsächlich drei Frauen – und dass es in Zukunft nur noch zwei sein werden. Also von den 14 sind es zwei, und wenn man noch die sechs Ersatzmitglieder dazuzählt, dann werden von allen 20 Richtern und Ersatzrichtern zwei Rechtsanwälte sein. Es ist also höchst unerfreulich, wenn man das System so anlegt, dass es mög­lichst offen ist, und hier dann lauter Beamte und Professoren hat. Nichts gegen diese Juristen, es sind durchwegs alle kompetent, aber es ist natürlich eine ganz andere Art der Entscheidung, wenn vor allem Beamte, die aus Verfassungsdiensten der Länder und des Bundes oder der Parlamentsdirektion kommen, die einen ganz anderen Zugang haben, entscheiden. Es war eben unter anderem der Sinn der Sache, als man den Ver-


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