Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll88. Sitzung / Seite 63

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Reichensteuer nach Schweizer Muster. Dort wird demnächst eine Volksabstimmung stattfinden, ob der Spitzensteuersatz auf 35 Prozent erhöht werden soll – wir haben in Österreich bekanntlich 50 Prozent –, und ob dieser Spitzensteuersatz von 35 Prozent ab 180 000 € Jahreseinkommen gelten soll. Bei uns gelten 50 Prozent ab 60 000 € Jahreseinkommen. Für eine solche Reichensteuer bin ich gerne zu haben, meine Damen und Herren, gar keine Frage. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Brosz: Wie wäre es mit ... bei Politikerpensionen?)

Ich bin auch für Verteilungsgerechtigkeit, meine Damen und Herren, gar keine Frage. Verteilungsgerechtigkeit ist ein wichtiges Fundament unseres Sozialstaates. Aber, Herr Kollege Riepl, vor der Verteilungsgerechtigkeit kommt die Leistungsgerechtigkeit. Ohne Leistung kann ich nichts verteilen, meine Damen und Herren. So einfach ist das, Herr Kollege Riepl! Zuerst Leistungsgerechtigkeit, dann kann ich auch etwas verteilen und kann Verteilungsgerechtigkeit praktizieren. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Brosz: Bei den Altpolitikerpensionen kann man was machen!)

Der Herr Vizekanzler und Finanzminister hat zu Recht gesagt, dieses Budget hat die Zielsetzung, dass wir aus der Schuldenfalle wieder herauskommen, weil wir das müssen. Wenn ich eine einzige Kritik an der Regierungspolitik habe, dann jene, dass vielleicht viel zu wenig kommuniziert wurde, warum das so notwendig ist.

Ich kann nur ehrlich sagen: Ich kenne keine familienfeindlichere Maßnahme, als unsere Schulden auf unsere Kinder zu schieben. Das wäre für mich wirklich Familien­feind­lichkeit.

Ich kenne keine unsozialere Maßnahme als eine hohe Staatsverschuldung. Was heißt „hohe Staatsverschuldung“, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie? – Das heißt, Umverteilung von unten nach oben. Wer zahlt die Zinsen für die Staats­schulden? – Auch der kleine Arbeiter, Herr Kollege Riepl, mit seinen Steuern. Und wer kassiert die Zinsen, wer kassiert jedes Jahr 8,3 Milliarden € Zinsen? – In Ihrer Diktion die „Kapitalisten“ auf den Finanzmärkten. Das wollen wir nicht haben. Daher: Schul­denabbau aus diesem zweifachen Grund. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Bucher: Ihr macht doch Schulden und keinen Schuldenabbau!)

Wir müssen auch, Herr Kollege Bucher – das weißt du genauso gut, wie ich das auch weiß, du spielst eine Rolle, wenn du hier beim Rednerpult stehst –, die Schulden ab­bauen, damit wir uns Handlungsspielraum für die Zukunft erhalten. (Abg. Brosz: Sind die Altpolitikerpensionen gerecht?) Wir geben heute schon, bitte, mehr Geld aus für die Zinsen für die Staatsschulden als für den ganzen Bildungsbereich. (Abg. Bucher: Sprich nicht von Schuldenabbau!)

Der vierte Punkt, Herr Kollege Bucher – auch das weißt du –, wir wollen doch nicht Spielball der Finanzmärkte werden. Reden wir uns nicht auf die bösen Spekulanten aus! Die Finanzmärkte testen die Glaubwürdigkeit der Politik. Erst dann, wenn die Staaten ihre Staatsfinanzen in Ordnung haben, wird sich die Finanzmarktsituation wieder beruhigen, meine Damen und Herren.

Ich möchte keine Situation haben wie jetzt in Irland oder vorher in Griechenland, wo der Währungsfonds und die EU diktieren, was zu tun ist. Oder: Der frühere sozial­demokratische Ministerpräsident von Schweden hat gemeint, er hatte ein trau­matisches Erlebnis, als ihm vor einigen Jahren, wie er gesagt hat, ein paar „smarte boys“ von der Wall Street erklärt haben, was der schwedische Ministerpräsident tun muss, damit er noch Geld bekommt. Das will ich nicht haben.

Das sind alles tief greifende Gründe, warum wir aus der Schuldenfalle herausmüssen. Meine Damen und Herren! Es ist vielfach die Kritik gekommen, so quasi: Ihr spart bei den Menschen und macht keine strukturellen Reformen. (Abg. Bucher: Das ist


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