Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll90. Sitzung / Seite 35

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Soziale Gerechtigkeit, das Lieblingswort der SPÖ – und dann kommen immer jene Dinge, die sie nicht umgesetzt hat, die mit dem Koalitionspartner zu verhandeln sie nicht fähig war. Ich gestehe ein, ich gestehe zu, und das ist auch als Lob zu verstehen, dass bestimmte Schrauben gesetzt wurden. Es ist gut, dass bei der Stiftungs­besteue­rung begonnen wurde, aber was hier begonnen wurde, ist nicht mehr als ein Kitzeln. Das ist wie, wenn die Reichen mit einer Feder ein bisschen gekitzelt werden, aber das ist noch lange keine sozial gerechte Besteuerung. Wenn wir uns vor Augen führen, dass 60 bis 80 Milliarden € in Österreich in Stiftungen geparkt sind, bedeutet das Erträge von mindestens 3 Milliarden € pro Jahr. Und der Anteil für die Sanierung des Budgets, für die Konsolidierung, sind sage und schreibe 80 Millionen €. – Ist das fair?

Bei den Menschen, die pflegebedürftige Angehörige haben, wird gekürzt. Bei den großen Herausforderungen, bei jenen, die Familien haben, die Kinder in Ausbildung oder vielleicht Eltern zur Pflege haben oder vielleicht beides gleichzeitig, wird ganz brutal hineingeschnitten. Deshalb sage ich: Soziale Gerechtigkeit findet man in diesem Budget tatsächlich nicht! Wir fordern eine echte sozial gerechte Besteuerung. Man kann sich mindestens 50 Prozent dieser Stiftungssteuerprivilegien vornehmen. Das würde immer noch kein Kapital aus Österreich vertreiben.

Ein weiterer Punkt: die Ökologisierung. Das war das Lieblingswort des ehemaligen Umweltministers und jetzigen Finanzministers, der einfach in den Bereich der sogenannten Ökosteuern hineingegriffen hat und nun versucht, das als Ökologisierung des Steuersystems zu verkaufen. Wir fordern nach wie vor eine ökologische Steuer­reform, die sozial gerecht ist, die aufkommensneutral ist und die auf der anderen Seite auch Steuern senkt, die aber tatsächlich einen Lenkungseffekt erzielt, die tatsächlich CO2-Reduktion ermöglicht, nicht eine Steuerreform, die das Budget de facto mit einer Schröpfaktion füllt und gleichzeitig die große Chance vergibt, umzusteuern. Das ist höchst notwendig. Wir sind mittlerweile das einzige Land in der Europäischen Union, das seine Klimaschutzziele nicht erreicht, und das ist eine Schande für Sie als Finanzminister und ehemaligen Umweltminister! (Beifall bei den Grünen.)

Bei ein paar großen Themen sind Sie nicht vorangekommen – das ist bedauerlich –, und zwar bei den Verhandlungen mit den Ländern. Man rühmt sich, dass die ganz­tägige Schulbetreuung ausgebaut wird. – Die Wahrheit ist, dass die Länder sehr viel mehr zusätzliche Steuereinnahmen, Bundesertragsanteile erhalten, was eigentlich nicht notwendig gewesen wäre. Man hätte das machen können, allerdings nur in Verknüpfung auch mit echten Reformen. Diese liegen bis jetzt nicht auf dem Tisch. Ob das Geld, das die Länder insbesondere für die ganztägige Schulbetreuung bekommen werden, auch tatsächlich dort hineinfließt, weiß niemand.

Genauso wenig weiß man, wie das mit den Pflegestandards sein wird. Sie haben das Problem einfach weitergegeben, und Sie haben das Geld einfach weitergegeben. Sie müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, dass Sie in dem Sinn eine Koalition der Mutlosigkeit sind, weil Sie genau dieses wichtige Problem, mit den Ländern endlich einmal Strukturreformen zu verhandeln, im Rahmen dieses Paketes nicht angegangen sind. Das ist wahrscheinlich das größte Versäumnis im Rahmen dieser sehr kurzen Budgetverhandlungen.

Das Budget ist bildungsfeindlich, es belastet Familien, wir haben es mit Ökoschwindel zu tun, es ist ein Budget, das sozial vollkommen ungeschliffen hineinschneidet, und wir möchten es noch ändern. Wir möchten es tatsächlich inhaltlich noch ändern. Wir rufen Sie noch einmal zur alten Tradition auf, Parlamentarier zu sein, um sich am Tag nach der Abstimmung auch noch in den Spiegel schauen zu können, und Dinge, die Sie selbst vom Herzen her nicht für gut finden, abzulehnen und einige unserer Abände­rungsanträge mitzutragen. Es kann nicht sein, dass hier nur Abgeordnete von SPÖ und ÖVP sitzen, die ihr politisches Gewissen, ihr politisches Wollen, ihr politisches Ent-


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