Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 121

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Aber schauen wir uns Großbritannien an! – Die Maßnahmen, die dort bei den Einspa­rungen gesetzt werden, betreffen zu zwei Drittel den Sozialbereich. Genau das Gleiche passiert in Österreich! Ich gestehe schon zu: In Österreich um eine Potenz niedriger als in Großbritannien! Aber Großbritannien, kann doch, bitte, wirklich nicht der Maßstab sein dafür, wann und wo und warum wir in Österreich im Sozialbereich hineinschnei­den wollen und sollen. Aber das ist offensichtlich für Sie ein Bezugspunkt geworden. Für mich ist das, was in Großbritannien abläuft beziehungsweise was jetzt dort von einer konservativ-liberal-demokratischen Regierung gemacht wird, wirklich äußerst bru­tal. Das ist Raub an der Zukunft und Raub an den Menschen zur Potenz. Überhaupt keine Frage! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Insofern haben Sie schon recht: Bei uns läuft es nicht wie in Großbritannien! Okay. Aber ich betone: Zu zwei Dritteln erfolgen auch in Österreich genauso wie in Großbri­tannien die Einsparungen im Bereich Soziales.

Diese Einsparungen haben Sie eigentlich schon im Frühjahr mit dem Budgetpfad fest­gelegt. Schon seit dem Frühjahr ist klar, dass etwa im Bereich Pflege eine Summe von mehr als 300 bis 350 Millionen € bis 2014 eingespart wird. Gleichzeitig gehen Sie her und nehmen diese 350 Millionen € aus dem Bereich Pflege, die sie den Leuten wegge­nommen haben, in die Hand und sagen: Damit finanzieren wir den Pflegefonds!

Also irgendetwas stimmt da nicht. Gehen wir es der Reihe nach durch! Das, was Sie im Bereich Soziales machen, ist noch nicht der soziale Kahlschlag, richtig, aber einzelne Maßnahmen sind es dennoch wert, dass man sie sich näher anschaut, und man stellt fest: Sie sind nicht gerecht und sie sind teilweise unsinnig und bösartig gegenüber den Menschen! (Beifall bei den Grünen.)

Nun zum Bereich Pflege – ich habe damit schon begonnen –: Die Einsparungen betra­gen doch einiges, und sie werden erzielt dadurch, dass es in erster Linie bei den Pfle­gestufen 1 und 2 fast ausschließlich Verschärfungen gibt. Das heißt, der Zugang zum Pflegegeld wird in den Pflegestufen 1 und 2 schwieriger, und das bedeutet für die Men­schen, für die Angehörigen, für die Betroffenen eine massive Verschärfung. Denn sonst kämen Sie ja nicht zu dem Einsparungseffekt von 350 Millionen € bis zum Jahr 2014.

Ist das gut? Ist das gerecht? Ist das sinnvoll? – Sie wissen genauso gut wie ich, dass sehr viele Leistungen im familiären Bereich durch Nachbarn, durch Freunde und Freundinnen, durch Angehörige erbracht werden, und wir müssen irgendwann – das ist zumindest meine Erkenntnis – aus der Praxis herauskommen, dass wir das eine, näm­lich die Zurverfügungstellung von Sachleistungen, gegen das andere, nämlich die sehr bescheidene Geldleistung im Bereich der Pflegestufen 1 und 2, aufrechnen.

Mit den Geldleistungen der Pflegestufe 1 und 2 können Sie Stundenlöhne von zwei bis drei Euro bezahlen. Also eigentlich können Sie damit niemanden wirklich für erbrachte Pflegeleistungen bezahlen. Es wissen alle seit Jahren, dass eigentlich die Geldleistun­gen in den Pflegestufen 1 und 2, die nur für Personen aus dem familiären Bereich, für Angehörige, für Freunde und für Familienmitglieder gedacht sind, keine großartige Er­leichterung darstellen. Und trotzdem erfolgt dort der Schnitt. Wir alle wissen, dass 80 Prozent oder 70 Prozent aller Pflegeleistungen in allen Pflegestufen im familiären Bereich erbracht werden. Trotzdem erfolgt dort der Schnitt. Ist das fair? Ist das ge­recht? Ist das sinnvoll?

Und kommen Sie mir bitte, Herr Sozialminister, nicht wieder mit der Erklärung daher: Na ja, in den Pflegestufen 1 und 2 wird das Pflegegeld ja oft irgendwie als Zubrot für die zu Pflegenden betrachtet! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das kommt noch dazu: dass im Bereich der Pflegestufen 1 und 2 die Betroffenen dieje­nigen sind, die die niedrigsten Pensionen haben. Das ist schon richtig! Und trotzdem wird die 80-jährige Großmutter oder der 90-jährige Großvater oder umgekehrt, denn


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