Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 161

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sen; Sie nehmen mir das Wort aus dem Mund. Sie sehen aber, dass viele dieser Fak­toren nicht in der Entscheidungsfreiheit der Menschen liegen.

Wie viel Prozent der Menschen können sich aussuchen, wo sie wohnen? Wie viel Pro­zent der Menschen können sich aussuchen, welche Bildungschancen sie haben? Wie viele können sich aussuchen, wie die Umweltbedingungen sind, unter denen sie leben, und wie viel sie verdienen? Das bestimmen vielfach  ich sage nicht ausschließlich  andere.

Das heißt, es wäre sinnvoll, wenn die Ministerinnen und Minister, aber auch die Abge­ordneten im Parlament sähen, dass wir nicht nur das Verhalten der Menschen betrach­ten müssen, sondern versuchen müssen, die Verhältnisse zu ändern, die die Men­schen krank machen. Das fehlt mir ganz wesentlich. Ich werde immer ganz kribbelig und bekomme einen höheren Puls, wenn es heißt, man könne keinen Ausschuss ein­berufen, weil kein Gesetzesantrag vorliegt. – Wir hätten so viel zu reden, so viel zu pla­nen, um vielleicht einmal selbst draufzukommen, welche Gesetze es braucht, damit die Menschen gesünder sind.

Es gibt jetzt bezüglich dieser Schnittstellen einige Anhaltspunkte, die Sie betreffen, zum Beispiel die Pflege. Sie wissen – und dazu gibt es relevante Studien –, wenn in einer Familie ein Pflegefall auftritt, steigt das Armutsrisiko sprunghaft auf 20 bis 25 Pro­zent; das ist nicht lustig. Als ich noch an der Klinik tätig war, waren viele meiner Pa­tientInnen zwischen 40 und 60 Jahren, die stationär aufgenommen waren, um es jetzt vielleicht ein bisschen komisch auszudrücken, fix und foxi waren und psychisch darnie­der lagen. Sie haben ihren Vater, ihre Mutter, den Schwiegervater und die Schwieger­mutter gepflegt und waren kaputt.

Wenn man jetzt sagt, man hat etwas in der 24-Stunden-Betreuung getan  was ja nicht ganz falsch ist –, dann muss man mit bedenken, dass nur 3 Prozent eine solche brau­chen, und viele anderen Leute stehen finanziell im Regen. Wir sind dafür, dass Sorge dafür getragen wird, dass es eine Art Grundrecht auf humanitäre und erschwingliche Pflege gibt. Das sollte so sein! (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Mag. Aubauer.)

Für Pflegestufe 1 und 2 muss man nachweisen – ich weiß es jetzt nicht punktgenau auswendig –, dass man 40, 60 oder 80 Stunden Pflege- oder Betreuungsbedarf hat, und man bekommt dann 300, 400 oder 500 € dafür. – Das trägt nicht einmal 10 Pro­zent der Bedürfnisse, die die Leute haben! Wenn man sieht, welche Kraft es in Heimen braucht, diesen Leuten eine annehmbare Qualität zu bieten, dann weiß man, dass da ein ungeheurer Finanzierungsbedarf besteht. Vom Pflegefonds wird nur geredet, aber es wird nichts getan! Und Sie wissen, da droht wirklich eine Apokalypse, wenn nichts geschieht.

Dann zum Föderalismus, der mir auch schon irgendwie an die Nieren geht, also in die­sem Ausmaß gesundheitsschädigend ist. In Tirol kommt man drauf, dass dort, ver­glichen mit anderen Bundesländern, viel, viel mehr Leute in Pflegestufe 1 und 2 einge­stuft sind. Ich möchte nicht, dass die Qualität der Pflege vom Bio-Rhythmus und vom Horoskop von Landeshauptleuten beziehungsweise vom Meldezettel abhängt. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Mayerhofer.) Ich will bundeseinheitliche Qualitätssi­cherung und bundeseinheitliche Garantien, dass die Leute gut gepflegt werden.

Wenn ich mir dann anschaue, wie viele Unterschiede es auch in der Rehabilitation zwi­schen den einzelnen Kassen, zwischen den einzelnen Bundesländern gibt, sodass al­lein nach Schlaganfällen oder Schädel-Hirn-Verletzungen nach Unfällen ein Drittel der Personen keine adäquaten ambulanten Therapieplätze finden, dann frage ich mich, wer sich ausgerechnet hat, was das kostet, wenn dieses Angebot nicht kommt. Oder wie kann es sein, dass in den Richtlinien der AUVA drinsteht, die Rehabilitation hat alle Mittel nach dem neuesten Stand der Wissenschaft einzusetzen und alles zu versu-


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