Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 442

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Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (fortsetzend): Herr Präsident! Selbstverständlich, gerne! Den Respekt zolle ich auch den Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen, selbstverständlich auch dem Herrn Minister. Ich erwarte mir aber, dass Sie dasselbe auch dem Herrn Minister sagen. Denn genau dasselbe würde ich mir auch von Herrn Minister Berlakovich erwarten – und nicht diese Art von Polemik vonseiten der Regierung. Darum geht es hier, um das klarzustellen. (Beifall bei den Grü­nen sowie des Abg. Huber.)

Da sind wir auch schon bei den Kernpunkten des Agrar- und Umweltbudgets. Letztlich wirft dieses Budget im Agrar- und Umweltbereich die Frage auf: Wer wird hier wirklich gefördert, wer wird hier wirklich geschützt, wer steht hier für grüne Jobs und wer steht hier für bäuerliche Arbeitsplätze? Diese Frage sollten wir sauber und ordentlich disku­tieren.

Da möchte ich noch einmal die Frage an den Minister stellen, wann er diese Debatte genutzt hat, um klarzulegen, wie das Agrarsystem gerechter, ökologischer und fairer wird. – Genau das hat Kommissar Cioloş in seinem Optionenpapier im November durchaus gemacht; und es wäre nur recht und billig, dass der Minister die Möglichkeit nutzt (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich), in diesem Bud­get ganz klar seine Position zu vertreten. Das Expertenhearing, das Sie nennen, Herr Bundesminister, haben wir als Parlamentarier durchgesetzt. Da haben wir unsere Ex­perten von den Fraktionen genannt, jawohl, das haben wir gemacht. Die ÖVP hat sich auch ihrer Experten bedient, richtig.

Aber: Sie haben uns im Budgetausschuss neuerlich eine klare Botschaft gegeben. Sie haben gesagt: Die maximale Obergrenze, die Sie sich im Agrarbereich vorstellen kön­nen, liegt bei 800 000 €. Herr Bundesminister, das ist ein Hohn – ein Hohn!  für alle Bäuerinnen und Bauern, die tagtäglich ihre Arbeit machen, unsere Kulturlandschaft be­wirtschaften, Lebensmittel erzeugen.

800 000 € Obergrenze, die Sie sich vorstellen können! Was ist denn das, wenn wir das auf europäischer Ebene fordern? – Das ist eine Bankrotterklärung für eine Politik, die nicht für kleinbäuerliche Betriebe einsteht, sondern für eine Handvoll großer Agrarkon­zerne oder Agrarbetriebe in Österreich! Für Gutsbetriebe und Großindustrielle – das ist es! –, für die werfen Sie sich ins Feuer.

Das ist unglaublich! Durchschnittliches Einkommen – schauen wir uns das durch­schnittliche Einkommen in der Landwirtschaft an –: 19 000 €. Es ist absurd, davon zu sprechen, dass die Bäuerinnen und Bauern zu viel verdienen, wenn es im Durchschnitt 19 000 € sind! Und von diesen landwirtschaftlichen Einkommen – auch das will keiner hören von der ÖVP – sind bereits 92 Prozent landwirtschaftliche Förderungen! (Zwi­schenruf des Abg. Eßl.) – Ja, richtig, das muss man diskutieren, Kollege Eßl. (Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)

Das muss man diskutieren und klarlegen, was das heißt: Das heißt, dass die Bäuerin­nen und Bauern fast zum Nulltarif Lebensmittel produzieren und damit letztlich der In­dustrie billige Rohstoffe liefern. Ist das noch okay? Ich als Bäuerinnen- und Bauernver­treter finde es katastrophal, wenn ein Wirtschaftssektor so behandelt wird, dass seine Rohstoffproduktion, seine Lebensmittelproduktion eigentlich nicht mehr bezahlt wird, so­dass wir das eigentlich nur mehr über Fördermittel ausgleichen können.

Und dann die Großen zu schützen, die mehr als 800 000 €, die Milliarden in Europa derzeit bekommen! Denn nur 14 Prozent der Betriebe innerhalb der Europäischen Uni­on bekommen 80 Prozent der gesamten Fördermittel. Sie haben keine Aussage dazu gemacht, ob Sie endlich die Exportsubventionen abstellen wollen. Kollege Gaßner hat das zu Recht mokiert: Das sind Red Bull, Agrana und sonstige Fördernehmer, die gro­ßen Industriebetriebe, auch in Österreich, und die wollen Sie weiter schützen, die wer-den Sie weiter fördern. Das ist traurig.

 


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