Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 482

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Man hat jetzt also tatsächlich höhere Staatsschulden, und an dieser Stelle stellt sich schon die Frage – insofern bin ich genau bei Untergliederung 16, bei den öffentlichen Abgaben –: Wer trägt – das war eigentlich immer die Parole, unter der das gesegelt ist; jedenfalls der kritischeren Gruppen – die Lasten dieser Krisenabtragung? Dass das Ver­schuldungsniveau nicht unmittelbar so hoch bleiben soll, darüber gibt es weitgehend Ein­verständnis, zumindest dann, wenn es nicht über eine große Inflationswelle abgetragen werden soll. So könnten sich die Staaten nämlich noch helfen. Das ist aber aus ande­ren Gründen nicht sehr beliebt.

Wenn wir das ausschließen, ist klar: Schulden müssen runter, neue Defizite entspre­chend klein gehalten werden, logisch. Das braucht Ausgabendisziplin, und deshalb muss man auch die Einnahmen anschauen dürfen; über die Ausgaben haben wir schon viel gesprochen. Es ist ÖVP-Diktion, dass man auf der Einnahmenseite überhaupt nichts tun kann, oder nichts mehr tun soll, aber das sehen wir halt anders, weil natürlich auch eine Strukturreform längst ansteht.

Ich habe heute – es liegt noch dort oben auf meinem Platz, dieses hohe Packerl – die Studien vom Wirtschaftsforschungs- und anderen Instituten mitgebracht, die beinahe an jeder Stelle diesen Geist atmen, dass man in Österreich die Steuerstruktur umstel­len sollte, nämlich bei den arbeitsbezogenen und lohnsummenbezogenen Abgaben zu­rückfahren sollte – das wird Ihnen nicht neu sein, das verlangen Sie auch bei Gele­genheit –, und an anderer Stelle hinauffahren sollte, entweder bei der Ökologisierung des Steuersystems oder eben bei den vermögensbezogenen Steuern, weil wir da im OECD-Vergleich sehr weit hinten liegen. Man könnte zur Budgetsanierung vorüberge­hend ein bisschen erhöhen und dann wieder im Gegenzug runterfahren. Das würde aber bedeuten, bei den anderen runterzufahren, dort nämlich, wo wir quasi an der Weltspitze liegen, wie etwa bei den Abgaben auf den Faktor Arbeit.

Es wird immer argumentiert, das sei womöglich leistungsfeindlich, wenn man beim Ver­mögen zu viel macht. – Das kommt darauf an, wo man ansetzt. Bei einer generellen Ver­mögensteuer, bei der man schon Schwierigkeiten mit der Erhebung, mit der Systematik der Bemessungsgrundlagen hat, dürfen wirklich Fragezeichen gemacht werden – es könnte sonst auch Verschiebungseffekte geben, et cetera –, aber zumindest bei ein paar Bezugspunkten könnte man schon ansetzen.

Sie drehen es immer so hin, als ob die Erbschafts- und Schenkungssteuer etwas wäre, das wieder nur jeden Kleinen trifft. – Das ist eine Frage der Konfiguration. Natürlich, wenn man Freibeträge von mehreren hunderttausend Euro macht, dann bleibt immer noch genug übrig bei dem, was in Österreich vererbt wird. Und es ist wirklich nicht ein­sehbar, dass für mehrere Millionen Erbschaft überhaupt kein Cent Steuer mehr anfällt. Da hilft auch nicht das Argument (Zwischenruf des Abg. Dr. Königshofer) – jetzt ha­ben das ausgerechnet Sie hereingerufen, dieser Unfug ist sonst immer der ÖVP vorbe­halten geblieben –, dass das schon einmal versteuert worden wäre. Das gilt ja überall.

Abgesehen davon, fangen wir einmal bei dem an, dem es nutzt, nämlich beim Erben! Er bekommt das Erbe einfach! Er müsste 20 Jahre lang oder, wenn er mehr verdient, entsprechend weniger, vielleicht fünf, zehn Jahre lang arbeiten, um diese Summe zu verdienen, würde aber im Durchschnitt Steuern und Sozialversicherungsabgaben von 50 Prozent zahlen. Das ist doch Unfug. Das ist ja genau das Gegenteil von Leistungs­prinzip! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Öllinger: So ist es!)

Sie sagen, das ist schon versteuert worden. – Vor diesem Hintergrund, unter diesem Aspekt stellen wir sofort einen Antrag, und Sie werden als Erste zustimmen, dass wir die Mehrwertsteuer abschaffen, denn jeder, der irgendetwas konsumiert, auch wenn er nur eine Wurstsemmel isst, zahlt das in der Regel aus versteuertem Einkommen. – So funktioniert das Argument nicht, also hören Sie auf damit! Sie werden erklären müssen, warum alle möglichen ökonomischen Vorgänge, die durchaus nützlich sind, in Öster-


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