Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 57

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haben, bei jeder Änderung des Lissabon-Vertrages eine Volksabstimmung durch­führen zu lassen. So weit, so gut, das ist ja einmal eine richtige Erkenntnis gewesen, die Sie gehabt haben.

Sie haben auch einmal den Mut gehabt, endlich richtige freiheitliche Forderungen zu übernehmen und einzugestehen, dass es notwendig ist, bei weiteren Änderungen endlich einmal die Bevölkerung einzubinden und die Meinung der Österreicher ernst zu nehmen und umzusetzen. (Beifall bei der FPÖ)

Aber im Mai letzten Jahres haben wir erlebt, dass es einen Euro-Haftungsschirm gegeben hat. Dadurch ist eine Vertragsänderung entstanden, eine Änderung des Lissaboner Vertrages. Und was haben wir erlebt? – Sie, Herr Bundeskanzler, haben geschwiegen! Keine Volksabstimmung! Sie haben nicht angekündigt, dass Sie Ihr Wort im Fall einer Festsetzung dieses Euro-Haftungsschirmes umsetzen wollen. Bei dieser Gelegenheit darf und muss ich Sie an Ihr Versprechen erinnern, das Sie der „Kronen Zeitung“ im Juni 2008 gegeben haben. Damals haben Sie in Ihrem Brief geschrieben – ich zitiere Sie, Herr Bundeskanzler Faymann –:

„Die SPÖ wird sich in der Bundesregierung für eine bessere Informationsarbeit einsetzen, die die Vor- und Nachteile der Mitgliedschaft in der EU objektiv und nach­vollziehbar darstellt. Auf der Basis einer kontinuierlichen Information und einer offenen Diskussion sind wir der Meinung, dass zukünftige Vertragsveränderungen, die die öster­reichischen Interessen berühren, durch eine Volksabstimmung in Österreich entschieden werden sollen.“ Zitatende.

So schreiben Sie damals. So weit, so gut. Genau diese Interessen der Österreicher sind es aber, die mit dem Einzementieren des Euro-Schutzschirmes berührt werden.

Ich nehme das auch zum Anlass, die Aussagen der französischen Finanzministerin Christine Lagarde anzuführen, die gesagt hat, dass der Rettungsschirm für die Euro-Staaten und die Hilfskredite für Griechenland gegen den europäischen Vertrag verstoßen und beide Instrumente eben nicht im Lissaboner Vertrag vorgesehen sind. Das sagt die französische Finanzministerin zu Recht.

Und Sie, Herr Bundeskanzler, wollen sich – wie Sie ja in dem zitierten Brief in der „Kronen Zeitung“ 2008 ebenfalls festgehalten haben – ernsthaft für eine bessere Infor­mationsarbeit einsetzen? Sie wollen wirklich Ihr Wort halten? Oder wollen Sie die Österreicher für dumm verkaufen? – Ich höre nichts mehr in diese Richtung. Jetzt wären Sie aufgerufen, Ihr Wort zu halten und zu beweisen, dass es auch etwas wert ist. Oder Sie können sich als Bundeskanzler selbst abschaffen. Das ist in Wirklichkeit die Konsequenz daraus. Jetzt wäre eine Volksabstimmung notwendig, und ich verurteile Ihr Verhalten, mit dem Sie die Österreicher für dumm verkaufen, wirklich auf das Schärfste. Sie halten Ihr Wort nicht und haben das offenbar gar nicht vor.

Etwas Grundsätzliches und Wesentliches auch noch: Wir reden über den Euro-Rettungsschirm und beurteilen ihn, also rufen wir uns in Erinnerung, wer damals vor der Euro-Einführung dieser kritisch gegenübergestanden ist: Es war die Freiheitliche Partei – aus guten Gründen. Auch viele Wissenschaftler haben damals davor gewarnt, weil das natürlich zu Problemen führen kann, wenn so unterschiedliche Volkswirt­schaften in einem Währungssystem zusammengefasst werden, wenn man Staaten zusammenpresst, die volkswirtschaftlich nicht zusammenpassen.

Wir erleben ja durch die Entwicklung der letzten Jahre, wenn wir die währungs­politischen Zusammenhänge beurteilen, dass wir da Recht behalten haben. Basierend auf einem unangebrachten politischen Anspruchsdenken wurde der aktuelle Stand der Wirtschaftswissenschaft damals ignoriert und eine Entscheidung gegen unsere War­nungen getroffen, die sich heute natürlich rächt.

 


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