Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 94

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Aber, meine Damen und Herren von SPÖ und Grünen, wenn Sie so tun, als ob Sie die Kinderrechte quasi originär erfunden hätten, muss ich Ihnen doch Folgendes vorhalten: Erstens: Kinderrechte gelten für Sie nicht, wenn es sich um ungeborene Kinder han­delt. Dann gibt es für Sie keine Kinderrechte, insbesondere für Sie von den Grünen. Dann sind Frauenrechte in jedem Fall wichtiger als Kinderrechte. Das ist eine Relativierung des Kinderschutzes, den ich so nicht teile, und daher werde ich heute einem Antrag, den offensichtlich Kollege Fichtenbauer noch einbringen will, zustim­men.

Zweitens: Ich habe die Debatte mit Ihren beiden Fraktionen in einer der letzten Ausschusssitzungen des Justizausschusses noch sehr gut in Erinnerung, als es um die Frage ging: Anzeigepflicht – ja oder nein? Das ist ein Probefall für Kinderrecht.

Ich bringe Ihnen die Meinung von Frau Carina Kerschbaumer heute in der „Kleinen Zeitung“ zur Kenntnis, wo sie wörtlich schreibt:

„Die Verankerung mancher Kinderrechte in der Verfassung mag ein wichtiges symbolisches Signal sein, der Schutz gefährdeter Kinder wird aber mit Sicherheit anderswo entschieden.“

Ich teile diese Meinung. Meine Damen und Herren, schauen wir uns doch einmal an, welche Fälle uns da in den letzten Jahren beschäftigt haben!

Ich kann mich noch genau an die Debatte seinerzeit erinnern – Sie können es sich auch selber ausheben –, als in Melk im Jahre 1997 der kleine Melvin verbrüht wurde und zu Tode kam. Ich habe damals schon eine generelle Anzeigepflicht verlangt. Es hat sich damals auch herausgestellt, dass der kleine Melvin wahrscheinlich noch leben könnte, wenn frühzeitig die Sachverhalte angezeigt worden wären, die damals bereits bekannt waren.

Wir haben dann weitere Fälle gehabt, wie etwa den der kleinen Iris in Niederösterreich, die als dreimonatiges Kind, als Baby, mit Hirnblutungen eingeliefert wurde, schwerst misshandelt worden war und schließlich gestorben ist.

Ein zwei Monate altes Kind im Bezirk Innsbruck, ein Säugling, ebenfalls schwerst geschädigt, erschlagen worden von einem beschäftigungslosen 18-Jährigen, der mit der Mutter ein Lebensverhältnis hatte.

Der Fall Luca, ein 17 Monate altes Kind. Dort hat die Sozialarbeiterin von den Misshandlungen gewusst, aber sie hat keine Anzeige gemacht. Es hat dann ein Strafverfahren gegen sie gegeben. Sie ist in erster Instanz verurteilt worden dafür, dass sie nichts unternommen hat, aber beim Oberlandesgericht ist sie freigesprochen worden. Warum? – Weil es keine Anzeigepflicht für sie gab, meine Damen und Herren. Luca könnte noch leben, hätte diese Dame die Verpflichtung gehabt anzuzeigen!

Und ich habe die Debatte noch in Erinnerung, als Sie gesagt haben: Nein, das kann man den Ärzten nicht zumuten, den Sozialarbeitern und Therapeuten, damit erreicht man nur den gegenteiligen Effekt! – Na welchen denn? Der Effekt wäre, dass diese ganze Clique endlich einmal in die echte rechtliche Verantwortung genommen würde, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Das wäre der Effekt: Dass endlich einmal echte rechtliche Verantwortlichkeit für Sozialarbeiter, für Ärzte, für Therapeuten, für Familienhelfer, für diese ganze neue Branche gegeben wäre. Wozu sind die denn da, wenn sie Kinder, die in ihrer Existenz gefährdet sind, nicht zu schützen verpflichtet sind? Es geht nicht darum, dass sie es tun, sondern es geht darum, dass sie verpflichtet sein müssen, es zu tun – sonst brauche ich sie nicht, sonst brauche ich sie auch nicht mit fetten Gehältern zu füttern, meine Damen und Herren, diesen ganzen Apparat, diese neue Branche, die hier


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