Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 110

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Staatssekretär! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum heutigen Thema Kinderrechtskonvention muss ich ehrlich sagen, ich wundere mich über das, was Frau Kollegin Lueger zuvor gesagt hat: dass alle Punkte erfüllt werden und dass auch gleichberechtigtes Leben besteht.

Gleichberechtigung heißt für mich, dass man gleichberechtigt behandelt wird, voll partizipieren kann in allen Lebenslagen, dass auch Bewusstseinsbildung zum Thema barrierefreie Kommunikation, Schutz vor sexueller Gewalt ebenso gelebt wird. Ist das in der Praxis tatsächlich so? Ist Bildung in der Praxis tatsächlich gleichberechtigt? – Nein!

Ich möchte hier einige Beispiele bringen; gleichberechtigte Behandlung, wie schaut es denn aus? – Kinder haben keinen Rechtsanspruch auf selbstbestimmtes Leben, zum Beispiel gibt es nicht den Rechtsanspruch auf persönliche Assistenz für behinderte Kinder. Sie haben keinen Rechtsanspruch, Gebärdensprach-Dolmetschleistungen in Anspruch zu nehmen. Stellen wir uns ein Kind vor, das sexuell missbraucht wird. Wie könnte es jemals zu einer Beratungsstelle gehen? – Nicht einmal die Dolmetschkosten würden dafür übernommen werden. Das ist keine Gleichberechtigung!

Leichter-lesen-Versionen bestehen überwiegend nicht. Wie sieht es mit Barrierefreiheit generell aus, Kindergarten, Schulgebäude, Universitäten? – Die Gesetze wurden verschoben. Wir sind nicht in einem Zustand der Gleichberechtigung, weil Barriere­freiheit verschoben worden ist. Kommunikation zum Beispiel mit Braille-Schrift oder Gebärdensprache ist nicht gleichberechtigt vorhanden.

Wir haben schon seit über 220 Jahren nicht die Möglichkeit, in der eigenen Sprache, in Gebärdensprache Unterricht für gehörlose Kinder zu genießen. Lehrer sind nicht einmal verpflichtet, Gebärdensprache zu lernen, geschweige denn Braille-Schrift. Ich möchte wissen, was Sie unter Gleichberechtigung verstehen!

In den Medien haben wir kaum Sendungen für Kinder barrierefrei. Einblendungen: Wir haben eine einzige Kindersendung, in der Gebärdensprache mit einem Kind ein­geblendet wird. Audiodeskriptionen für Kinder: Welches Angebot haben wir da? – Bitte erklären Sie mir das, ich weiß nicht, was wir da haben.

Bildung: Sind wir hier in einem Zustand, dass wir voll inklusive Bildung leben können? – Wir haben nicht einmal einen inklusiven Fahrplan. Sie sagen, dass Bildung gleichberechtigt besteht; das stimmt einfach nicht! Das verpflichtende neunte Schuljahr ist für behinderte Kinder nicht verpflichtend. Integration schließt das aus. Ich weiß, mein Kollege Franz-Joseph Huainigg kämpft seit Jahren dafür; wir haben es nicht.

Ebenso die Artikel-15a-Vereinbarungen: Behinderte Kinder sind von der Kindergarten­pflicht ausgenommen. Nach der UN-Konvention, die wir bereits beschlossen haben, ist es nach wie vor so, dass wir dieses Problem nicht gelöst haben. Ich weiß nicht, was hier mit Gleichberechtigung gemeint ist.

Herr Kollege Stadler ist jetzt nicht da, aber er hat gemeint, dass die Grünen sich immer nur auf die Frauenrechte beziehen. Und Kinder sollen ein Schadensfall sein, wenn sie behindert sind? – Ich möchte hier auch noch einmal darauf hinweisen, dass behinderte Kinder, wenn sie einen Schadensfall darstellen, ein besseres Leben haben als Kinder, die kein Schadensfall sind.

Die Finanzierung für diese Kinder, Hilfsmittel, Umbau, persönliche Assistenz, Dol­metschkosten und so weiter, das ist nach wie vor ein Problem, das besteht nicht – und das ist nach meinem Verständnis nicht Gleichberechtigung. Die Kinderrechts­kon­vention lediglich auf ein paar Punkte zu beziehen und das gesetzlich zu verankern, ist nicht das, was ich darunter verstehe. Die UN-Behindertenrechtskonvention wurde nach


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite