Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 202

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Vergleiche anstellen kann. Und wer kann vergleichen? – Betriebsräte, Betriebsrätinnen in jenen Bereichen, in denen es solche gibt. Sie können Einschau halten – auch jetzt schon – und haben eine viel genauere Auflistung darüber, wer was in welcher Gruppe verdient. Da geht es also nicht nur um lange Excel-Dateien über die gesamte Gehalts­struktur eines Betriebes. Wo es keine Betriebsräte/Betriebsrätinnen gibt, kann die Arbeit­nehmerin/der Arbeitnehmer Einschau halten – und kann eben die Gleichbehand­lungs­anwaltschaft zu Hilfe rufen.

Im Übrigen, sehr geehrte Damen und Herren, ist es auch so, dass es für die Betriebe nicht ganz „ohne“ ist, wenn sie die Berichte nicht legen, denn BetriebsrätInnen können das für bis zu drei Jahre im Nachhinein bei Gericht einklagen. Da werden wir genug Druck machen, und es wird schon so sein, dass sich diese negative „Werbung“ wohl niemand antun will, wenn er keinen Bericht legt, denn da könnte man ja glauben oder unterstellen, es gebe etwas zu verbergen. Gemeinsam arbeiten wir jedenfalls daran, dass alle Betriebe, die darunterfallen, diese Einkommensberichte legen und dass sie Defizite, die dort aufscheinen – oder vielleicht auch gar nicht aufscheinen, aber laut Statistik müsste das eigentlich der Fall sein –, beheben.

Betriebsräte/Betriebsrätinnen bekommen jetzt ein wirklich wirkungsvolles Instrument in die Hand, und natürlich auch viel Arbeit, aber die Vertretung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wird aufgrund dieses Gesetzes gerade auch in Bezug auf Lohn­diskriminierung sehr aktiv werden können. Das lassen wir uns nicht kleinreden – und das ist auch nicht kleinzureden. In Frankreich gibt es eine andere Form der Einkom­menstransparenz, da müssen keine Berichte gelegt werden, Frau Kollegin Schwentner, das ist ein Irrtum. Da sind die Kollektivverträge zu gendern; ab 2012 werden Sank­tionen verlangt. Aber in Österreich ist es so, dass wir, nach Schweden, die Einzigen sind, wo verpflichtende Berichte darüber gelegt werden müssen.

Ein Wort noch – und dann möchte ich schon Schluss machen –, da Kollegin Csörgits erwähnt hat, dass es gut ist, dass in Zukunft bei Stellenausschreibungen angegeben werden muss, ob über dem Kollektivvertrag, mit dem Kollektivvertrag oder über dem Kollektivvertrag bezahlt wird. Auch das ist eine gute Richtschnur.

Abgesehen davon werde ich heuer noch – dieser Auftrag ist schon erteilt – einen Lohn- und Gehaltsrechner präsentieren, damit man sich branchenübergreifend, regional ist das ja sehr oft unterschiedlich, einen guten Einblick darüber verschaffen kann, was wer wo erwarten kann, wenn er sich bewirbt, ob Mann oder Frau. Das wird helfen. Ich glaube, dass insgesamt dieses Paket eines ist, mit dem wir wichtige erste Schritte gesetzt haben.

Gibt es dabei auch Wermutstropfen? – Ja: Dass die Strafe von 1 500 € – ursprünglich waren es ja 2 160 €, wenn ich daran erinnern darf – auf 360 € gesenkt wurde, das ist schön, aber sie ist nicht ganz weg. In der langjährigen Praxis – Minister Hundstorfer hat das heute Vormittag schon erwähnt – sind aber kaum bis keine Fälle bekannt, wo diese Verwaltungsstrafen tatsächlich ausgesprochen wurden, da die Verschwiegen­heits­pflicht immer eingehalten wurde.

Frauen haben ja nicht in erster Linie Interesse daran, irgendwem nach außen hin zu erzählen – einer Zeitung beispielsweise, oder wem auch immer – oder auf Facebook zu stellen –: Ich bin lohndiskriminiert! Ich glaube, diese Frauen sind damit beschäftigt, im Betrieb zu schauen, gemeinsam mit BetriebsrätInnen, falls vorhanden – und wenn nicht: alleine beziehungsweise mit der Belegschaft, mit dem Unternehmen, mit der Unternehmensleitung –, dass diese Lohnunterschiede behoben werden. Ich glaube, es ist alleine schon ein schönes Stück Arbeit, dass das auch gelingen kann.

Ein Wermutstropfen ist aber schon auch die Tatsache, dass Österreich im Bereich Anti-Diskriminierung Vorreiter hätte sein können. Ich bedauere wirklich, dass es nicht


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