Wehrpflicht sagt und der andere sagt ja zur Wehrpflicht und sich beide gegenseitig blockieren, so hat eine seriöse sicherheitspolitische Debatte derzeit keine Chance.
Die einzige Möglichkeit, diesen gordischen Knoten zu lösen, ist, dass sich die Bundesregierung und das Parlament an jemanden wenden, der mit Sicherheit vernünftiger als beide Regierungsparteien ist – und das ist die österreichische Bevölkerung. (Beifall bei den Grünen.)
Das ist die einzige Chance, aus dieser Blockade herauszukommen. Und deshalb geht es heute nicht nur um die Einlösung politischer Versprechen, sondern es geht auch darum, überhaupt seriöse sicherheitspolitische Arbeit wieder zu ermöglichen.
Können Sie sich eigentlich, Herr Klubobmann Kopf, noch daran erinnern, dass wir vor vielen Jahren in diesem Hause einen offenen und tragfähigen Konsens hatten, dass wir uns bemühen werden, gerade Schlüsselfragen der Sicherheitspolitik möglichst außer Streit zu stellen und gemeinsam Reformen zu erarbeiten? (Abg. Kopf: ... nicht verstanden!) Das war der Grund dafür, warum die Bundesheerreformkommission so erfolgreich war. Und es liegt an diesem Verteidigungsminister und seinem Amtsvorgänger, warum daraus nichts geworden ist.
Wir brauchen jetzt einen Neuanfang. Und wenn die Regierung ständig streitet, dann müssen wir die Arbeit an der Sicherheitsdoktrin so schnell wie möglich ins Parlament holen und der Bundesregierung zeigen, dass dieses Parlament – im Gegensatz zur Regierung – zu seriöser und sachlicher Arbeit imstande ist.
Ich sage Ihnen, worum es geht – und ich finde davon nichts in den Papieren des Verteidigungsministers oder des Außenministers –: Es geht im Kern um die Neubestimmung der sicherheitspolitischen Rolle der Republik Österreich in Europa.
Es geht darum, die Frage aus Brüssel ernst zu nehmen: Wo soll sich das kleine und neutrale Österreich sicherheitspolitisch spezialisieren? Wo soll der neue qualifizierte Beitrag Österreichs zur internationalen Sicherheitspolitik liegen?
Derzeit behaupten wir, dass wir ein gesamtes sicherheitspolitisches Spektrum abdecken können – von der leichten Infanterie bis zum Kampfpanzer. Und wäre es nach der ÖVP gegangen: auch noch bis zum Jagdbomber.
Die Europäische Union will etwas ganz anderes von uns. Die Europäische Union weiß im Gegensatz zur ÖVP, dass ein kleiner Staat wie Österreich militärisch nicht alles kann. Deswegen müssen wir uns entscheiden, und das ist Aufgabe einer Doktrin. Unser Vorschlag lautet: das untere Spektrum der Petersberg-Aufgaben, die polizeiartigen Einsätze des Militärs, wo das Bundesheer immer wieder gezeigt hat – vom Kosovo bis zu den Golanhöhen –, dass es das kann, dass Friedenssicherung durch das österreichische Bundesheer im Rahmen der Vereinten Nationen funktioniert. Und dieses Angebot – verstärkt um Katastrophenschutz durch Pioniere und ABC-Schutzeinheiten – wäre das Angebot der neuen Sicherheitsdoktrin.
Dann kann man das Bundesheer reformieren. Und dann kann man sagen, was man nicht mehr braucht. Und dann kann man sagen: schwere Panzerartillerie – nein, brauchen wir nicht mehr; Eurofighter – nein, brauchen wir nicht. Wir brauchen etwas ganz anderes. Wir behalten und bauen aus, was wir brauchen, und wir entsorgen, was wir nicht mehr brauchen. (Beifall bei den Grünen.)
Es wäre jetzt die Aufgabe des Verteidigungsministers gewesen, genau das zu tun, nämlich Vorschläge zu machen, zur Diskussion zu stellen, eventuell eine zweite, kürzere Reformkommission einzuberufen und zu schauen, was letztlich herauskommt.
Der Verteidigungsminister hat das nicht getan, sondern er hat überfallsartig seinen Generalstabschef beauftragt: Geh, bitte schön, ich brauche Modelle! Ich habe Presse-
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