Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll95. Sitzung / Seite 35

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anderen Ausweg wissen aus dieser Regierungskrise? (Abg. Kopf: Der Pilz hat etwas anderes gesagt vorher!) Sie haben tatsächlich sogar, glaube ich, das Wort „Koalitions­bruch“ in den Mund genommen. (Abg. Kopf: Nein!) Nein? Jedenfalls ist die Stimmung in der Regierung auf dem Nullpunkt angelangt. Und wenn Sie es nicht allein schaffen, dann fragen Sie doch einfach einmal das Volk! Ich glaube, dass die Menschen in unserem Land das eher zustande bringen. (Beifall bei den Grünen.)

In der Sache selbst ist zu sagen, die Liste der Staaten innerhalb der Europäischen Union, die seit dem Jahr 2000 die Wehrpflicht ausgesetzt oder ganz abgeschafft haben, ist wirklich erstaunlich lang: Albanien, Bosnien, Bulgarien, Dänemark, Frank­reich, Italien, Lettland, Litauen, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Ungarn und im Herbst auch Deutschland. Mit Deutschland sind das 18 Staaten. Dass sich Österreich bei so einer Entwicklung nicht irgendwann einmal seriöse Gedanken über die Abschaffung der Wehrpflicht machen muss, darüber sollte die ÖVP schon auch einmal nachdenken.

Ich habe noch Worte eines Bundeskanzlers im Ohr, und ich glaube, diese kamen von Bundeskanzler Schüssel, der de facto als negative Beschreibung von Reform­verweigerern das Wort Besitzstandswahrer geprägt hat. (Abg. Kickl: ... NATO!) Und ich glaube, man kann die ÖVP jetzt in der Frage der Heeresreform, aber auch der Bildungsreform, nicht mehr als etwas anderes bezeichnen denn als Besitzstands­wah­rer  – um ausschließlich das zu behalten, was ist, und in keiner Weise über Reformen nachzudenken!

Die von mir vorhin verlesene Liste ist bestechend, denn in all den erwähnten Staaten haben auch konservative Regierungsparteien die allgemeine Wehrpflicht mit ausge­setzt und mit abgeschafft. Darüber kann die ÖVP durchaus einmal nachdenken.

Des Weiteren gibt es abgesicherte Ergebnisse. So hat beispielsweise auch die Bun­desheerreformkommission das einleitend festgestellt, und dieses Dokument ist schon sehr alt, nämlich aus dem Jahr 2004 stammend. Da heißt es: In den nächsten Jahrzehnten wird die Landesverteidigung nicht mehr zu den Kernaufgaben des Bun­desheeres gehören. – Das hat Verteidigungsminister Darabos festgestellt, und das ist auch das Ergebnis der Bundesheerreformkommission.

Ich meine, man kann jetzt durchaus über vernünftige Modelle nachdenken, allerdings muss man deren Erarbeitung auch ordentlich machen beziehungsweise diese ordent­lich angehen. Und genau das ist unser Problem mit Ihnen, Herr Verteidigungsminister!

Seinerzeit hat Bundeskanzler Gusenbauer gemeint, Sie hätten mit dem Verteidigungs­ressort „das große Los gezogen“. Es war weitgehend glücklos, und viele der Dinge, die in Angriff genommen hätten werden müssen, sind gescheitert. Die Bundesheerreform ist gescheitert. Das Abbestellen der Eurofighter, ein damals großes Anliegen der SPÖ, ist im Wesentlichen gescheitert, denn es gibt nun weniger, aber dafür sind sie teurer. Und jetzt ist die so wichtige Reform, die für so viele junge Menschen eine ent­scheidende Bedeutung hat, wirklich dilettantisch vorbereitet worden.

Sie haben das Datum „5. Oktober“ erwähnt. Wir alle wissen, wie es gelaufen ist. Es war Wahlkampf in Wien, Bürgermeister Häupl hat die Abschaffung der Wehrpflicht in den Raum gestellt, und von da an kam der Kommandoruf aus der Parteizentrale. – So kann man eine solche Reform einfach nicht vorbereiten! Ich glaube, das ist klar. (Abg. Dr. Rosenkranz: Was war dann nach der Wahl?)

Die großen sicherheitspolitischen Fragen müssen ordentlich vorbereitet werden. Das ist historisch-traditionell in Österreich sehr wichtig. (Beifall bei den Grünen.) Doch das haben Sie nicht gemacht!

 


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