Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll96. Sitzung / Seite 40

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Ein weiterer wichtiger Bestandteil dieser neuen Regelung sollte jedenfalls sein, dass auch bei unehelich geborenen Kindern die gemeinsame Obsorge über richterlichen Be­schluss möglich wird, was jetzt ja vom Willen der Kindesmutter alleine abhängig ist. Dies wurde vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in seinem jüngsten Er­kenntnis bekanntlich nicht nur kritisiert, sondern dieser Gerichtshof hat ja auch eine ra­sche Neuregelung gefordert. Ich würde es für unerträglich halten, wenn Österreich in diesem Punkt nicht nur dem Kindeswohl widerspräche, sondern weiterhin auch gegen zentrale Menschenrechte verstöße. Das können wir nicht wollen, und das dürfen wir gemeinsam auch nicht wollen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, natürlich soll Bestandteil dieses neuen Ge­setzes auch sein, bessere und effektivere Regelungen für den Besuchskontakt der Kin­der zu dem leiblichen Elternteil zu schaffen, bei dem sie nicht wohnen. Es sollte aus unserer Sicht in Zukunft nicht mehr passieren, dass Elternteile ohne Grund für Monate und manchmal auch für Jahre völlig vom Kontakt zu ihren Kindern abgeschnitten und ausgeschlossen sind. Das dient, wie schon vorhin gesagt, weder dem Kindeswohl, noch ist es für Väter oder Mütter, die davor oft jahrelang einen funktionierenden Kon­takt zu ihren Kindern gehabt haben, zumutbar.

Natürlich wird es bei der Umsetzung dieses neuen Modells auch noch weiterer Rege­lungen, zusätzlicher Modelle, zusätzlicher Mittel und auch Wege bedürfen, meine sehr verehrten Damen und Herren, um das für die Österreichische Volkspartei als Familien­partei sehr wichtige Ziel zu erreichen, nämlich allen Kindern eine Kindheit und Jugend zu ermöglichen, die ihnen eine freie Entfaltung auf der einen Seite, aber auch Ge­borgenheit und einen funktionierenden Kontakt zu beiden Elternteilen bietet. (Beifall bei der ÖVP.)

Dieses Ziel, meine sehr verehrten Damen und Herren, duldet meiner Ansicht und unse­rer Ansicht nach einfach keinen weiteren Aufschub mehr. Es wurde viel diskutiert, es wurden Modelle ausgearbeitet, es wurden Expertinnen und Experten eingebunden und gefragt, und es sollten jetzt die Umsetzungsschritte folgen.

Daher, meine werte Frau Bundesministerin, liebe Mitglieder der Bundesregierung ins­gesamt: Wir erwarten mit Spannung und Ungeduld eine entsprechende Regierungsvor­lage. Wir sind bereit, an dieser Regierungsvorlage auch weiter mitzuarbeiten, damit wir die notwendigen Maßnahmen für die Kinder, für unsere Familien und für die Interessen unseres Landes möglichst bald ergreifen und umsetzen können. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP.)

9.14


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer einleitenden Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin Mag. Bandion-Ortner zu Wort gemeldet. Die Redezeit sollte 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.

 


9.14.41

Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! In der Debatte um das Obsorgerecht, um das Besuchsrecht habe ich eine sehr wichtige Aufgabe, nämlich den Blickwinkel der Politik zu ändern. Der Blickwinkel ist nämlich zumeist der falsche.

Ich will Ihnen das verdeutlichen: Ich werde in der letzten Zeit sehr oft auf das Thema Besuchsrecht und Obsorge angesprochen – nicht nur im eigenen Bekanntenkreis, ich erhalte auch sehr viele E-Mails und Briefe, selbst am Flughafen werde ich darauf ange­sprochen. Das ist ein Thema, das die Menschen bewegt. Und da heißt es dann meis­tens: Ich als Vater habe dieses und jenes Problem! Ich als Mutter fürchte dies und das!

Sehr geehrte Damen und Herren, das ist der falsche Blickwinkel! Der richtige Blickwin­kel müsste sein: Ich als Kind! Ich als Kind habe ein Recht auf beide Elternteile! (Leb-


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