9.24
Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Zuallererst, Frau Bundesministerin: Es geht nicht um einen Kampf, sondern es geht um Lösungen für die betroffenen Menschen in einer schwierigen Situation. (Beifall bei der SPÖ.)
Meine Damen und Herren! Meine beiden Vorredner haben schon aufgezeigt, wie unterschiedlich Themen wie Scheidung, Obsorge, Unterhalt, Besuchsrecht diskutiert werden und wie vielfältig, unterschiedlich, emotional und aggressiv Debatten geführt werden.
In einer parlamentarischen Enquete im vorigen Jahr – Kollege Donnerbauer hat schon darauf hingewiesen – gab es eine sehr aufschlussreiche und sehr interessante Diskussion zu diesen verschiedensten Punkten. Bei dieser Enquete hat sich vor allem gezeigt, dass durch die veränderten Familienformen, durch die veränderten Lebenswelten und Lebensrealitäten die Menschen veränderte Bedingungen brauchen, dass veränderte Bedingungen gefordert sind.
Trennungen, Scheidungen hinterlassen Spuren: Spuren der Kränkung, Spuren des Zorns, Spuren des Allein-gelassen-Seins, Traurigkeit – um einige emotionale Befindlichkeiten zu nennen –, und zwar bei Erwachsenen und vor allem auch bei Kindern. Prinzipiell stellt sich natürlich auch die Frage, warum wir eine so hohe Zahl an Scheidungen zu verzeichnen haben. Haben wir keine Streitkultur in Österreich? Herrscht in vielen Familien die sogenannte Sprachlosigkeit? Können anstehende Probleme nicht gelöst werden? Ist die einzige Lösung die Trennung? – Tatsache ist, dass die strittige Trennung anstehende Probleme nicht lösen kann, sondern diese zum Teil verschärft und ausgelagert werden.
Nun, meine Damen und Herren, soll die Lösung aller anstehenden Konflikte die automatische gemeinsame Obsorge sein – eine verordnete Verpflichtung, die kein Verständnis der Eltern voraussetzt. So einfach, wie Sie sich das vorstellen, Frau Ministerin, ist das nicht, und davon bin ich überzeugt. Wenn Eltern sich nicht auf eine gemeinsame Obsorge einigen können, so hat das Gründe, und ich denke auch, dass Zuwendung – das, was Kinder brauchen, was sie zu Recht wollen und was ihnen auch zusteht – nicht verordnet werden kann. Im Gegenteil! Ich bin davon überzeugt, dass verordnete Harmonie zu noch mehr Problemen führt und im Übrigen einen Rückschritt im Familienrecht bedeutet, denn diese automatische Obsorge hatten wir schon einmal. (Abg. Strache: Deutschland zeigt genau das Gegenteil, Frau Kollegin! Die Bundesrepublik Deutschland und Rot-Grün haben das ganz anders gesehen!)
Auch insgesamt muss festgestellt werden, dass zu diesem gesamten Themenbereich, Herr Kollege, kein ausreichendes Daten-, Fakten- und Zahlenmaterial vorliegt. Wir haben keine grundsätzlichen Analysen. Ich bin auch davon überzeugt, meine Damen und Herren, dass wir die Themen nicht unmittelbar miteinander verknüpfen können, sondern dass wir getrennt über die Obsorge, über Besuchsregelungen und vor allen Dingen auch über den Unterhalt diskutieren müssen. Es geht um die Zeit danach, und es geht vor allem darum, dass oft ein Unvermögen bei Erwachsenen vorhanden ist, Lösungen zu finden, und sie somit ihre Kinder als Spielball einsetzen.
Wir SozialdemokratInnen stehen für ein modernes Familienrecht, das im Gesamten diskutiert werden soll und kein Flick- und Detailwerk sein kann, denn Familien brauchen unsere Unterstützung. Wir brauchen maßgeschneiderte Lösungen, die den Bedürfnissen der Eltern und ebenso den berechtigten Ansprüchen der Kinder entgegenkommen und die auch berücksichtigt werden.
Sie sprechen von begleitenden Maßnahmen, Frau Ministerin. – Konkret dazu meine Frage: Haben Sie dafür vorgesorgt? Gibt es ausreichend finanzielle und personelle Ressourcen? Denn diese sind notwendig, um maßgeschneiderte Lösungen, berechtigte Lösungen erstellen und auch finanzieren zu können.
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