Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll96. Sitzung / Seite 74

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nition, deutsche Störsender zur Störung der Kommunikation, Pistolen, die über Malta geliefert wurden, italienische Helikopter (Abg. Dr. Pilz: Und aus Österreich?) mögli­cherweise Demonstranten gejagt haben oder gegen diese eingesetzt worden sind, dann ist das natürlich eine Schande. Das muss diskutiert werden, da haben Sie hun­dertprozentig recht, Frau Abgeordnete. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn man heute in Abu Dhabi herumgeht – es läuft ja dort gerade die große Waf­fenmesse –, dann sieht man, was dort für Kontrakte abgeschlossen werden. So haben zum Beispiel die Briten alleine Kontrakte von etwa 2 Milliarden Pfund derzeit laufen. Die Russen haben um 2 Milliarden Dollar an Libyen geliefert, und, und, und. Das heißt, im Grunde sollte man diese Dinge ehrlich diskutieren, wenn man eine europäische Au­ßenpolitik, die diesen Namen wirklich verdient, letztlich will.

Zum Waffenembargo ein Satz: Natürlich war in den Jahren 2003 und 2004 eine sehr dramatische Situation. Damals sind ja bekanntlich – übrigens durch amerikanische Ge­heimdienste und auch durch europäische Mithilfe – die Lieferungen für ein komplettes nukleares Equipment für Libyen aufgedeckt und beschlagnahmt worden. Das ist da­mals in einem italienischen Hafen – ich habe den Namen jetzt vergessen – beschlag­nahmt worden. Damals sind Dinge aufgeflogen, die die Befürchtungen etwa der west­lichen Experten weit überschritten haben. Es sind damals Lieferungen von 4 000 kom­pletten Uranzentrifugen, die zum Enrichment von Nuklearmaterial bestimmt gewesen sind, aufgeflogen, weiters Blueprints für den Bau von Atombomben, et cetera.

Überlegen Sie, was es bedeutet hätte, würde heute in dieser Situation Gaddafi noch etwa Atomtechnologie besitzen! Das ist eine Katastrophe und muss uns daher auch wachrütteln etwa in Richtung des Iran. Das ist eine genauso große Gefahr, wie sie et­wa bei Libyen je bestanden hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich würde Sie daher bitten, dass wir heute gemeinsam eine Entschließung zur Unter­stützung der iranischen Opposition fassen. Ich halte es für einen Skandal, dass Karrou­bi und Moussavi, die Führer der demokratischen Opposition, jetzt ins Gefängnis gewor­fen worden sind. Ich meine, es wäre sinnvoll, wenn der österreichische Nationalrat ei­nen Appell an die iranische Führung, diese Oppositionspolitiker freizulassen, und zwar umgehend und sofort, beschließen würde. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordne­ten der SPÖ.)

Man sollte auch die Fehler in unserer Reaktion nicht unterschätzen: Etwa, dass die Franzosen am Höhepunkt der Unruhen in Tunesien Hilfe der Sicherheitskräfte für Ben Ali angeboten haben, um die Opposition zu unterdrücken – absurd! Oder etwa, dass die Italiener – ich sage jetzt nicht, wer – Mubarak noch als den weisesten aller Männer bezeichnet haben – absurd! Oder etwa, dass die Tschechen jetzt, zur gleichen Zeit, als ein blutiges Massaker in Tripolis angerichtet wurde, gewarnt haben, was für eine Kata­strophe drohen würde, wenn Gaddafi fiele – absurd!

Ich glaube, wir sollten uns schon auch bei der eigenen Nase nehmen. Napolitano und Romano Prodi haben das in beeindruckenden Interviews – Romano Prodi gestern im Handelsblatt – auch offen zugegeben.

Wir müssen lernen aus diesen Fehlern! Erstens: keine militärischen Experimente – völ­lig richtig, von allen hier gesagt! Zweitens: Wir sollten unsere Expertise anbieten. Wir wissen, wie man Übergangsgesellschaften managen kann. Drittens: Wir sind der größ­te Handelspartner. Und wir haben, bitte, ungenützte Ressourcen. Wir haben im gegen­wärtigen Budget für die nächsten zwei, drei Jahre, 2011 bis 2013, immerhin 6 Mil­liarden € Cash im Budget der Kommission liegen – davon ist die Hälfte für Nordafrika – für diesen Ring der Freunde in unserer Nachbarschaft. Wir haben noch dazu von der EIB, der Europäischen Investitionsbank, die Möglichkeit, bis zu 6 Milliarden € für diese Bereiche einzusetzen.

 


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