Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll96. Sitzung / Seite 75

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Man sollte jetzt die Chance nützen, die Union für das Mittelmeer zu beleben. Dies ist eine Zeit des Aufbruchs und der Hoffnungen. Es ist wahr, dass es auch Risiken gibt, klar, aber man sollte die Hoffnungen, die in der Bevölkerung der arabischen Welt be­stehen, nicht enttäuschen. Es wird auch an uns liegen, ob der Nahe Osten ein neuer Osten oder ein wilder Osten wird.

Und da ich fest daran glaube, dass die Tendenz und der Trend in den letzten Jahr­zehnten weltweit eher in Richtung mehr Demokratie, in Richtung mehr Marktwirtschaft und mehr Internationalität zeigt, bin ich eigentlich der Auffassung, dass wir diese Chan­ce nützen und uns keineswegs davor fürchten sollten. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.12


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Bucher. – Bitte.

 


11.12.15

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Herr Präsident! Herr Dr. Schüssel, als Sie die Bemerkung über Ägypten gemacht haben, hätten Sie auch erwähnen sollen, dass vor Kurzem im Außenpolitischen Ausschuss eine Debatte über Ägypten stattgefunden hat und Ihnen in dieser Debatte dort unser Abgeordneter Stadler gesagt hat, dass Ägypten vor einer Militärregierung stünde, und dass Sie das damals als absurd von der Hand gewiesen haben.

Heute sehen wir die Realität: Als Übergangsregierung ist in Ägypten eine Militärregie­rung installiert. Sie wissen es, Sie können sich daran erinnern. Heute loben Sie das.

Also, es war damals schon absehbar, was der nächste Schritt sein wird. Und offen ge­standen, wir sehen die Situation und die Umbrüche im nordafrikanischen Raum, in der arabischen Welt nicht durch eine rosarote Brille wie viele andere, denn während man in der Berichterstattung des ORF durch Herrn El-Gawhary von dort die heile Welt und ei­ne Aufbruchsstimmung präsentiert bekommt, sterben dort immer noch Menschen und wird dort noch immer gegen die Menschenrechte verstoßen. (Beifall beim BZÖ.)

Es kann, meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht nach wie vor die Position der Europäischen Union sein, da abzuwarten, sich zurückzulehnen und darauf zu vertrau­en, dass sich die Entwicklungen im arabischen Raum auf natürliche Art und Weise be­ruhigen lassen.

Herr Außenminister Spindelegger, Sie haben sich hier in ein diplomatisches Rückzugs­gefecht begeben. Das ist eigentlich der Status, den Sie derzeit einnehmen, denn Sie sehen ja auch, dass die Europäische Union und all Ihre Kollegen dort auf die Warte­taste gedrückt haben, dass die Europäische Union handlungsunfähig ist. Sie ist ratlos. Sie ist auch nicht einig, meine sehr geehrten Damen und Herren. Und das macht die ganze Einschätzung der Situation, die Analyse der Ursachen so schwierig. Und das ist bei der Situation, der Sie gegenüberstehen, eine völlig aussichtslose politische Hand­habe.

Und wenn Sie heute immer wieder agitieren: Ja, Herr Dr. Jörg Haider war einer, der Herrn Gaddafi immer wieder die Hände gereicht hat!, dann muss ich sagen: Meine sehr geehrten Damen und Herren, nehmen Sie doch endlich einmal zur Kenntnis, dass es kaum einen europäischen Staats- und Regierungschef gegeben hat, der in den letzten Jahren nicht in Libyen gesehen worden ist, der dort nicht wirtschaftliche Inter­essen verfolgt hat, der nicht auch auf die Menschen, die dort zugrunde gehen, hinge­wiesen hat und ein Ende der menschenverachtenden Politik eingemahnt hat.

Es war, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ, Bruno Kreisky der Erste, und zwar als Türöffner der arabischen Welt, der schon im Jahre 1982 Herrn Gaddafi zu einem Staatsbesuch nach Wien eingeladen hat. – Jetzt herrscht betretenes


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