Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll96. Sitzung / Seite 86

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sehr dieser Einsatz damals kritisiert worden ist, auch von den Grünen. Ich erinnere mich auch noch an ungeheuerliche Berichterstattungen hier in Österreich, wo man ge­sagt hat, erstmals seit 1941 wird Belgrad wieder bombardiert, wo man einen Vergleich gezogen hat zwischen dieser NATO-Aktion zur Befreiung der jugoslawischen Völker und den nationalsozialistischen Gräueltaten. Lieber Kollege Pilz, auch du selbst warst es, der noch vehement Kritik geübt hat, als wir gesagt haben, im Rahmen der Euro­päischen Union kann es sinnvoll sein, Flugverbotszonen zu überwachen. Dazu braucht man natürlich auch Flugzeuge und das entsprechende Gerät – von den Grünen da­mals heftigst diskutiert und kritisiert. (Beifall beim BZÖ.)

Auch wird jetzt immer wieder kritisiert: Böse waren alle Menschen, die mit diesen Des­poten im arabischen Raum und sonst wo Kontakt gehabt haben. Alle waren sie böse (Zwischenruf bei der ÖVP) – ja, die Ferrero-Waldner war böse, Herr Kollege –, die ge­sagt haben, Libyen ist wirtschaftlich und politisch ein Partner für Österreich. Der Kreis­ky war böse, der Haider war böse, alle waren böse. Genauso, wie alle Generationen von Politikern böse waren, die mit den Sowjet-Regimen von Osteuropa über Jahrzehn­te Kontakt und politischen Dialog gepflegt haben. Die waren alle böse, all das war furchtbar – im Nachhinein. Vorher natürlich waren alle froh und haben gesagt, das ist sinnvoll und richtig, weil man da Wirtschaftskontakte schließt.

Aber vor allem – und dazu stehe ich, meine Damen und Herren, und nicht immer im Nachhinein anders reden als vorher! –, es ist wichtig, denn es gibt ja nur zwei Möglich­keiten, mit solchen Regimen umzugehen: entweder sie militärisch wegzubringen – das schafft man meistens nicht, und da wird das auch heftig kritisiert –, oder zu versuchen, in einem Dialog, und zwar in einem ständigen Dialog und in einem kritischen Dialog – nicht dauernd nach diesem Freund-Feind-Schema, sondern in einem kritischen Dia­log – zu versuchen, diese Regime auf einen besseren Weg zu bringen. (Beifall beim BZÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abg. Mag. Wurm.)

Und darum geht es, meine Damen und Herren! Und das sollte man nicht im Nach­hinein kritisieren, sondern gutheißen. Und wir alle waren froh – wenn es auch ein des­potisches Regime war, das die Menschenrechte missachtet hat –, dass es gelungen ist, mit der internationalen Staatengemeinschaft das Regime Gaddafi zumindest von der Unterstützung des internationalen Terrorismus wegzubringen. Ein kleiner, aber wich­tiger Fortschritt!

Nur, meine Damen und Herren – und das kritisiere ich jetzt wieder –, es gibt eben an­scheinend – und zwar geleitet auch von den Interessen der USA – nur ein Freund-Feind-Schema: Schaltet man auf „Feind“, darf mit diesen Leuten nicht gesprochen wer­den, auch wenn es sinnvoll wäre. Schaltet man auf „Freund“, dann ist alles plötzlich er­laubt, bis hin zu Waffenlieferungen, aber es wird dann wieder nicht gesprochen, näm­lich über die wichtigen Dinge, etwa über die Menschenrechte, denn die sind ja Freunde und mit denen spricht man nichts Unfreundliches.

Das ist, wie ich meine, die Problematik der internationalen Politik, und da ist auch die UNO anzusprechen, da ist auch die Europäische Union anzusprechen. Diese Doppel­bödigkeit der Politik ist es, die wir entsprechend kritisieren sollen und wo man einen anderen Weg finden muss. (Beifall beim BZÖ.)

Jetzt das alles so zu heroisieren, ist ja genau wieder der falsche Weg: zuerst den Mu­barak noch als Helden darzustellen, der im Nahostkonflikt eine wichtige Rolle gespielt hat, und jetzt zu sagen: Hurra, jetzt mit der Revolution bricht dort überhaupt die große Stabilität aus!, anstatt sich auch wirklich auf die möglicherweise kritischen Szenarien einzustellen. Denn: Ein Grund – nicht der einzige, aber ein Grund –, warum es diese Bewegung gegen Mubarak in Ägypten gegeben hat, war auch seine Pro-Israel-Politik, weil er vor wenigen Monaten im Grenzraum zu Gaza die Tunnels der Schmuggler bombardiert hat und dort auch ägyptische Menschen zu Tode gekommen sind. Das


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