Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll96. Sitzung / Seite 100

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12.26.10

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Eine Debatte, die sich mit Außenpolitik beschäftigt, ist natürlich unlösbar mit der Betrachtung der Sicherheitspolitik verknüpft, und es ist natür­lich herausfordernd, einladend, bei der Vergangenheits- und Gegenwartsbewältigung Reflexionen moralisierender Art anzustellen, wie das ganz besonders von der von mir aus gesehen linken Seite dieses Hauses geübt wird. Nur ist das gleichzeitig ein un­glaublich frappantes Beispiel, wie man – in der aktuellen Situation befindlich – schwer danebenhauen kann.

Wenn wir also unsere der Erkenntnis zugänglichen Dinge der Welt in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft unterteilen wollen, so dürfen wir sagen, dass wir die Vergan­genheit zu wissen vermeinen, die Gegenwart zu wissen glauben und die Zukunft zu wissen ahnen – aber von all dem haben wir nur Bruchstücke zur Verfügung. Umso mehr empfiehlt es sich, die Moralkeule bei der Bemessung außen- und sicherheitspoli­tischer Belange schön eingepackt zu lassen.

Es sind schon einige historische Beispiele genannt worden, wie sehr man daneben­hauen kann. Ein schönes Exempel, das die Sozialdemokratie vielleicht doch auch nicht vergessen sollte, ist Folgendes: Ich erinnere an die Vorgänge in der damaligen Sow­jetunion, dem späteren Russland, rund um Gorbatschow und seine Perestroika, als es eine kleine Gegenrevolution gab.

Gorbatschow wurde vom damaligen Innenminister Pugo und dessen Spießgesellen an seinem Urlaubsort in Sotschi verhaftet und zurückgebracht. Das hat die Welt er­schüttert, und am Tag, als das passiert ist, hat der damalige Bundeskanzler Vranitzky sich beeilt, über die Medien zu verkünden, Gott sei Dank sei er gegenüber Gor­batschow sowieso hinlänglich misstrauisch und sehr zurückhaltend gewesen, was die Anerkennung der neuen sowjetischen Innenpolitik beträfe. – Allerdings war der Spuk nach drei Tagen zu Ende: Jelzin war tapfer, und Pugo hat sich selbst erschossen. So schnell kann ein Irrtum vollbracht werden und so schnell widerlegt sich Moralisierung!

Ein Beispiel aus der jüngsten Zeit: Der mit der Sozialdemokratie eng, eng, eng verbun­dene, jetzt nicht mehr im Amt befindliche Direktor des Museums für angewandte Kunst Noever hat ein Beispiel für Adoration oder Zuwendung zu Nordkorea durch seine vori­ges Jahr gezeigte unerträgliche Ausstellung im MAK, in der ein ganz opulenter Katalog ausgestellt und verbreitet worden ist, zum Besten gegeben. (Abg. Mag. Muttonen: Ha­ben Sie sie gesehen? Haben Sie sie gesehen?) – Es kann also schnell gehen mit mo­ralisierenden Effekten, die sich gegen den, der moralisiert, richten. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich erinnere an den Kernsatz, der seit dem überragenden französischen Außenminister Talleyrand bekannt ist, der Folgendes gesagt hat: Außenpolitik – ich verfremde den Satz ein bisschen – ist nicht Freundschaftspolitik, sondern Interessenpolitik.

In erster Linie hat der österreichische Außenminister österreichische Interessen zu ver­treten und dann die Interessen der Nachbarn und dann die Interessen der ganzen Welt.

Zweitens kann es nicht so sein, dass wir Außenpolitik ohne Sicherheitspolitik debat­tieren. Wir haben vor zwei Stunden über die Medien vom Rücktritt des deutschen Bun­desministers für Verteidigung, Guttenberg, erfahren können. (Abg. Strache: Bei Dara­bos ist der noch ausständig! – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.) Für Darabos steht ein derartiges Programm noch – vielleicht – zur Verfügung, wenn man daran denkt, dass die von Darabos propagierte Freiwilligenarmee, die er dem deut­schen Guttenberg nachmachen wollte, auch nur zu 10 Prozent funktioniert. (Präsident Neugebauer gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Warnt Österreich vor fehlgeleiteten idealistischen Scheinagitateuren, die sich im Netz des Nichts verfangen! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Hörl.)

12.31

 


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