Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll96. Sitzung / Seite 153

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15.31.36

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanz­ler! Herr Landwirtschaftsminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuse­her! Herr Landwirtschaftsminister, ich gebe Ihnen in einem Punkt recht: Die ganze Dis­kussion wiederholt sich. Ihre Allgemeinsätze wiederholen sich, die Diskussionen im Um­weltausschuss wiederholen sich und eines wiederholt sich besonders oft: Ihre perma­nenten Vertagungen.

Es gibt von den Oppositionsparteien mehrere Anträge zum Austritt Österreichs aus Euratom und die Regierungsparteien haben es nicht für wert befunden, diese Anträge hier ins Haus zu bringen und sie öffentlich zu thematisieren. Da bedarf es heute eines Sonderinstruments der Grünen, damit wir das hier einmal aufs Tapet bringen. Die Re­gierungsparteien würden diese Diskussion verhindern.

Ich habe ein Transparent mitgebracht, das wir von den Initiatoren des Volksbegehrens geschickt bekommen haben. (Die Rednerin entrollt ein Transparent mit der Aufschrift: „Volksbegehren: Raus aus Euratom!“ – Beifall bei den Grünen. – Oi-Rufe bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Dieses Transparent ist weit gereist: durch ganz Österreich, auf 100 Gipfeln, in allen Bundesländern, in vielen Gemeinden und es hat es bis hierher ins Parlament bis zu Ihnen geschafft. Nur, wenn es nach Ihnen gegangen wäre, wäre die Reise hier zu En­de gewesen, weil Sie die Diskussion mit diesen Menschen verweigert haben. Ich finde, das ist eigentlich das Bedenklichste an dieser ganzen Diskussion, dieser Umgang mit Menschen, denen Atompolitik, Anti-Atompolitik – und das sind, glaube ich, sehr, sehr viele in Österreich – ein wichtiges Anliegen ist. Nicht einmal mit diesen Menschen über ihr Anliegen zu reden, das finde ich demokratiepolitisch sehr bedenklich. Das ist ein Affront gegenüber diesen Menschen, die sich in ihrer Freizeit sehr engagieren und sehr viel Initiative, Zeit und oft auch Geld in die Hand nehmen, um Atompolitik wieder aufs Tapet zu bringen.

Ebenfalls bedenklich ist – das kommt auch von ÖVP-Seite und das liegt jetzt in den Gemeinden auf –, dass es von Ihrer Innenministerin ein Schreiben an die Gemeinden gibt, sie sollen dieses Volksbegehren nicht bewerben. (Abg. Dr. Pirklhuber: Unglaub­lich!) Jetzt ist es ohnehin schon schwer für Menschen, sich hier zu engagieren, und dann kommt noch ein Schreiben von den Regierungsparteien, das ihnen wieder Steine in den Weg legt. Also das ist kein Umgang mit engagierten Bürgerinnen und Bürgern. Diesen Vorwurf müssen Sie sich hier gefallen lassen. (Beifall bei den Grünen. – Zwi­schenruf des Abg. Großruck.)

In Österreich gibt es einen breiten Anti-Atomkonsens und Österreich ist Mitglied in ei­nem Vertrag, der folgende Zielsetzung hat: Da steht in der Präambel, dass die „Kern­energie eine unentbehrliche Hilfsquelle für die Entwicklung und Belebung der Wirt­schaft“ darstellt und dass man „entschlossen“ ist, „die Voraussetzungen für die Ent­wicklung einer mächtigen Kernindustrie zu schaffen“.

Das ist genau das, worum es in Euratom geht, eine mächtige Kernindustrie zu schaf­fen und nicht um Sicherheit, Forschung oder was auch immer. Diese Sachen kommen zwar vor, aber de facto geht es darum, die Kernindustrie zu stützen.

Das Ziel, auch irgendwie Versorgungssicherheit zu erreichen, die Müllproblematik in den Griff zu bekommen – all das ist gescheitert und Euratom hat deswegen auch jede Berechtigung verloren.

Es gab ja auch den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl. Dieser Vertrag ist nach 50 Jahren ausgelaufen, weil es eben keine zukunfts­fähige Technologie mehr ist, es sind keine Energiequellen, auf die man weiter in Euro­pa setzen soll. Bei Euratom wird es trotzdem gemacht. Euratom ist alles andere als zu-


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