Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll98. Sitzung / Seite 38

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dass man natürlich auch die Ergebnisse veröffentlichen muss, um das gleich einmal klarzustellen –, und Sie alle werden es in den letzten Tagen gelesen haben: Es hat die Regierung Kohl einmal per Gesetz einen Beschluss gefasst, worin sie gesagt hat, wenn etwas in einem Atomkraftwerk passiert, dann darf maximal die unmittelbare Um­gebung des Atomkraftwerkes berührt sein.

Also ich gehe davon aus, dass es überhaupt keine sicheren Atomkraftwerke gibt, aber wenn man den Kohl’schen Sicherheitsstandard umsetzt, dann, so meine ich, ist zumin­dest seit diesem Zeitpunkt die Atomenergie schon keine wettbewerbsfähige Energie­form mehr.

Seit 1950 wurde die Atomenergie in Deutschland mit 160 Milliarden € gefördert – Infra­struktur, Forschungsförderung, weiß der Teufel was alles –, gefördert durch öffentliche Gelder. Dahinter steckt anscheinend auch die zynische Überlegung: Zuerst muss der Steuerzahler, der Bürger und die Bürgerin, für diese Energieform zahlen, und wenn et­was passiert, hat er die Folgewirkungen zu erleiden, siehe Japan, und muss das wie­der selbst bezahlen. Und da soll noch irgendjemand sagen, dass das eine saubere Energieform ist. (Abg. Dr. Pirklhuber: Richtig! Steigen wir aus aus dem Ganzen!) Sie ist vor allem moralisch keine saubere Energieform. (Abg. Kickl: Moralisch ist das auch nicht sauber, was Sie hier machen!) Sie ist aber auch ein wirtschaftlicher Irrweg, und sie ist letztendlich sicherheitspolitisch sowieso eine einzige Katastrophe.

Jetzt kommen wir zum nächsten Zynismus. Wir alle wissen, wenn so ein Atomkraftwerk dann geschlossen wird – wer übrigens bezahlt die Kosten, wenn ein Atomkraftwerk eingestellt wird, wenn das dann abgebaut wird, alles Kostenfragen; wahrscheinlich wie­der die Öffentlichkeit –, dann kommen die Brennelemente in ein Zwischenlager, dort müssen sie ein paar Jahrzehnte auskühlen und dann kommen sie in ein Endlager, und es heißt, ungefähr 100 000 Jahre wird es dauern, bis sie dann endgültig ungefährlich sind. Und jetzt lese ich – ich glaube, in der „Presse“ war es –, dass die Wissenschaftler forschen, wie man das verkürzen kann, sagen wir von 100 000 Jahren auf 500 Jahre. Das muss man sich vorstellen! 500 Jahre sind eine Kleinigkeit. Was sind schon 500 Jahre? Ungefähr die Zeit seit Christoph Columbus, mein Gott.

Dieser Zynismus! Das ist nicht nur kostenmäßig ein Wahnsinn. Wer berechnet das ei­gentlich auf 500 Jahre? Wer soll das bezahlen? (Abg. Dr. Pirklhuber: Die Lobbys sol­len das bezahlen!) Das heißt, das ist im Endeffekt eine einzige Lüge, die deswegen am Leben erhalten werden kann, weil das offensichtlich in einem Zusammenhang auch mit Lobbyismus und Korruption steht und eine Verflechtung mit politischen Entscheidungs­trägern (Abg. Dr. Pirklhuber – zur ÖVP weisend –: Schauen Sie in diese Richtung!) und mit wirtschaftlichen Entscheidungsträgern gegeben ist. Japan und andere Länder sind ein Beispiel dafür. (Beifall bei der SPÖ.)

Nächster Zynismus: Es werden, lese ich, alte AKW angeboten, die man zum halben Preis nachbaut. Das heißt, man sagt, weil das so eine Erfolgsgeschichte war in Fuku­shima oder wo auch immer, bauen wir es gleich noch einmal zum halben Preis, am besten, lese ich, in der Wüste, als wenn es dort keine Sonnenenergie gäbe, als wenn man dort nicht andere Energieformen hätte wie Erdöl oder Sonne. Nein, zum halben Preis baut man dort alte AKW, wieder mit dem alten Risiko. Alte AKW werfen täglich einen Gewinn von 2 Millionen € für den Betreiber ab. Je älter, desto profitabler, desto unsicherer. Ein Skandal sondergleichen! (Abg. Dr. Pirklhuber: Fragen Sie einmal, welcher Abgeordneter dafür ist!) – Vielleicht meldet er sich zu Wort und sagt etwas dazu. – Je älter, desto profitabler. Ein einziger Skandal! Und da muss ich Ihnen wieder sagen: Zynisch bis zum Exzess!

Jetzt muss man verantwortungsbewusst genug sein, dass man sagt: Jawohl, wir wollen uns von der Atomenergie verabschieden, wir sind aber gefordert. Es braucht alternati­ve Energieformen, Energiesparkonzepte, Nachhaltigkeit. Natürlich! Genau all das. Das


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