Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll98. Sitzung / Seite 40

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

zu neuen Energieformen, zu einer neuen Form, wie man sich wirtschaftlich mit diesen Energieformen zu arrangieren hat. Das muss in einer Form stattfinden, dass natürlich diese neuen Energieformen – und das wird auch so sein – auch ein Produktivfaktor sind. Das wird zu Wirtschaftswachstum, das wird zu Beschäftigung führen, und es wird einen wirklichen Sinn haben.

Ich bin optimistisch. Österreich wird seinen Beitrag leisten, und wir werden dafür sor­gen, dass der Ausstieg europaweit und weltweit auch wirklich stattfinden wird. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neubauer: Kein einziger Vorschlag der SPÖ in 10 Minuten Rede!)

10.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Klubobfrau Dr. Glawischnig gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.52.14

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bun­deskanzler! Meine geschätzten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Werte Ab­geordnete! Ich bin überzeugt, Herr Bundeskanzler, dass der tschechische Premier Ih­nen heute Nachmittag einen Satz sagen wird, nämlich: Unsere Atomkraftwerke sind die sichersten der Welt. Ich bin überzeugt davon, dass der japanische Premier vor zwei Wochen genau denselben Satz gesagt hätte, und das wahrscheinlich mit größerer Be­rechtigung: Unsere Atomkraftwerke sind die sichersten der Welt.

Ich glaube, jeder Premier eines Landes, das AKWs betreibt, wird diesen Satz sagen, und genau das beschreibt die Absurdität der Situation. Wenn man es ganz nüchtern betrachtet, so gibt es das sogenannte Restrisiko. Das Restrisiko wird in der Sprache der Techniker beschrieben als die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls bei einem Atom­kraftwerk, der nicht beherrschbar ist, der sogenannte Super-GAU, der nicht beherrsch­bare Unfall. Die Zielwerte für dieses Restrisiko für den nicht beherrschbaren Unfall – hier gibt es Zielwerte – liegen, wenn man das dann durchrechnet, bei einer statisti­schen Wahrscheinlichkeit von 23 Jahren. Das heißt, das ist eine Technologie, die sich selbst zum Ziel gesetzt hat: Alle 23 Jahre fliegt, statistisch gesehen, einmal etwas un­beherrschbar in die Luft. Und das ist aus meiner Sicht ethisch nicht vertretbar. Das ist niemandem gegenüber vertretbar. (Beifall bei den Grünen.)

Wir sind hier in Österreich leider in der Situation, dass rund um die österreichischen Grenzen sehr gefährliche Atomkraftwerke in extremer Dichte angesiedelt sind: einige noch sowjetischer Bauart, einige neue, wo aufgepfropfte Westtechnologie hinzugekom­men ist, manche auf Erdbebenlinien so wie Krško, manche ohne Containment so wie Mochovce – im Übrigen ähnlich wie Fukushima mit Siedewasserreaktoren-Techniken –, also unter dem Strich Hochrisikoreaktoren.

Wir hätten uns gewünscht und viele Menschen in Österreich hätten sich gewünscht, dass statt dieser unsinnigen Stresstestvorschläge, die ausschließlich aus dem Atomla­ger gekommen sind, von Österreich, vom österreichischen Umweltminister nach die­sem Unfall eine klare Reaktion gekommen wäre: Abschalten der Hochrisikoreaktoren jetzt sofort! Jetzt sofort! Und nicht Stresstests. (Beifall bei den Grünen.)

Sie haben auch nichts darüber berichtet, wie gestern das Treffen der Wirtschaftsminis­ter ausgegangen ist. Oettinger wollte ja vorschlagen, dass ausschließlich die Euratom-beamten, die Aufsichtsbehörden, ausschließlich „Atom-Lobbyisten“ – unter Anfüh­rungszeichen – die Kriterien für die Stresstests festlegen. Das ist eine klare Atomlobby-Initiative, und Österreich darf hier nicht mit dabei sein. Österreich hat eine andere Rolle in diesem Diskurs. Auf der ganzen Welt bewegt sich nun etwas, und das, Herr Bundes­kanzler, kann für Sie jetzt auch ein Argument für den Rat sein.

Zu Deutschland: Viele sagen, wir können jetzt nicht innerhalb von ganz wenigen Tagen alle Reaktoren abschalten. Aber schauen wir uns das einmal ganz präzise an. Von den


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite