Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll98. Sitzung / Seite 41

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sieben Reaktoren, die jetzt in Deutschland vom Netz gegangen sind, waren drei im Mo­ment gar nicht in Betrieb. Deutschland hat eine Überkapazität an installierter Stromka­pazität von einem Drittel. Das muss man sich einmal vorstellen! Hier geht es nicht um Versorgungssicherheit für die Bevölkerung. Darum geht es auch in Tschechien nicht. Temelín ist ein reines Exportkraftwerk, damit wird ausschließlich Geld verdient. Und darüber muss man einmal reden, über die finanzielle und kommerzielle Seite der Atom­wirtschaft. Hier geht es ausschließlich um Profite. Hier geht es nicht um Sicherheit für die Bevölkerung im Bereich Stromversorgung, hier geht es ausschließlich um Geld.

In diesem Zusammenhang, dass es hier ausschließlich um Geld geht, möchte ich Sie, Herr Dr. Schüssel, von dieser Stelle aus fragen: Sie schweigen immer zu dieser The­matik, aber ich und viele Menschen halten es für unvereinbar, dass Sie gleichzeitig in der RWE 200 000 € bis 300 000 € Gewinnbeteiligung als Aufsichtsrat kassieren (Zwi­schenrufe bei der ÖVP) – ja, das ist die ausgeschriebene Jahresgage, auf der Home­page nachzulesen – und gleichzeitig hier im Rahmen des Atomkonsenses mit abstim­men und hier mit Politik machen. Das ist nicht vereinbar! Und ich verstehe nicht, wie man sich hier nicht einmal zu Wort melden kann, sich hinter der Zeitung verkriecht und sich zu dieser Lage nicht äußern kann. Bitte, äußern Sie sich zu dieser Unvereinbar­keit! Ziehen Sie die Konsequenzen! Es ist nicht in Ordnung. Es ist wirklich nicht in Ord­nung. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Dr. Pirklhu­ber: Das ist unmöglich! – Abg. Vilimsky: Unglaublich!)

Glaubwürdigkeit ist in dieser Frage eine wichtige Sache, ebenso die österreichischen Initiativen, was auch immer Sie jetzt ernsthaft angehen mögen. Wir haben über Jahre hinweg beobachtet, dass Antiatompolitik in diesem Haus und vor allem in der Regie­rung überhaupt keine Rolle gespielt hat. Also das war ein Thema, das belächelt wurde. Es hieß, schon wieder diese Grünen mit ihrem Euratom und mit ihrem Antiatom. Alle Vorschläge, die wir textlich und initiativmäßig gemacht haben, wurden von der ÖVP verwässert bis zu absoluten Nichtaussagen, verwässert über Jahre hinweg. Wenn Pa­pier produziert wurde, dann war es Papier für die Schublade, aber wir haben keine ernsthaften Initiativen gesehen. (Abg. Amon: Das stimmt nicht! Sie sagen hier glatt die Unwahrheit!)

Jetzt kommen Sie drauf, dass die Atomhaftung nicht in Ordnung ist. Wissen Sie was? Vor zwölf Jahren gab es einen Entschließungsantrag hier in diesem Haus zum öster­reichischen Atomhaftungsgesetz, vorbildlich neu gemacht mit der Aufforderung: Tragen Sie das hinaus in Europa! Das war vor zwölf Jahren. Und heute kommen Sie drauf, dass Sie das vielleicht machen könnten. Sie müssen also verstehen, dass wir ein bis­serl frustriert sind über diese Aktionslosigkeit der letzten Jahre. Jetzt wachen Sie auf. Das ist gut so, das ist wichtig, und wir werden Sie dabei auch unterstützen, aber wir werden Sie nicht auf den falschen Wegen unterstützen, sondern bei den echten Aus­stiegsinitiativen und echten Ausstiegswegen. Nicht beim Stresstest, den können Sie al­lein machen, mit der Atomlobby gemeinsam. (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte noch ein Wort sagen zu den Menschen, die jetzt vor Ort sind, zu den Ar­beitern, die jetzt versuchen, das unter Kontrolle zu halten. Man muss sich das noch einmal vorstellen: Das sind 50 Arbeiter, die jetzt buchstäblich unter Einsatz ihres Le­bens kämpfen. Die setzen ihr Leben ein, um diesen Reaktor in irgendeiner Form unter Kontrolle zu halten. Die wissen bereits, dass sie hoch verstrahlt sind. Sie wissen wahr­scheinlich, dass sie an der Strahlenkrankheit auch sterben werden, aber trotzdem ver­suchen sie, die Technologie noch unter Kontrolle zu halten. Und diesen 50 Menschen gebührt an dieser Stelle unser höchster Respekt. (Allgemeiner Beifall.)

Glaubwürdigkeit heißt in der österreichischen Energiepolitik, dass die Landesenergie­versorgungsunternehmen, dass der Verbund, die alle mit Atomstromimporten Geschäf­te machen, einmal die Geschäfte transparent machen und dann aussteigen sollen. In


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