Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll98. Sitzung / Seite 120

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stunde aus jedem alten Kraftwerk hat man es geschafft, billigen Atomstrom zu produ­zieren, und mit diesem billigen Atomstrom wird jetzt argumentiert.

Es heißt: Wenn wir das nicht machen, wird der Strom viel teurer. – Die Wahrheit sieht jedoch ganz anders aus. Die Wahrheit ist, dass neue Atomkraftwerke nicht mehr güns­tig sind. Wir sprechen da von Kosten von 8 Cent pro Kilowattstunde – das sind nur die reinen Produktionskosten. Wenn ich noch die ganzen Umweltbelastungen und Schä­den dazurechne, sind wir schon bei 2 € pro Kilowattstunde. Wenn ich trotzdem nur die 8 Cent pro Kilowattstunde rechne, dann ist das immer noch mehr, als Windkraft kostet. Es ist mehr, als Wasserkraft kostet. Es ist sowieso mehr, als Biomasse kostet; die be­komme ich schon um 5, 6 Cent. Neue Atomkraftwerke sind also nicht mehr billig. Billig sind nur die alten Atomkraftwerke, die alten Kraftwerke also, deren Errichtung damals der Steuerzahler gezahlt hat, die inzwischen abgeschrieben sind und jetzt mit kata­strophalen Sicherheitsstandards weiterhin am Netz hängen – wie Fukushima! Fuku­shima – das wissen die wenigsten – ist ein solch alter Reaktor, der für 30 Jahre ausge­legt wurde und für den es auch eine Laufzeitverlängerung gegeben hat.

Diese Laufzeitverlängerung wurde mit Auflagen genehmigt. Wissen Sie, was passiert ist? – Die Betreiberfirma Tepco hat sich einfach nicht daran gehalten. Die haben die ganzen Wartungspläne ignoriert, alles, was es an Auflagen gegeben hat, einfach nicht gemacht. Genau da stehen wir heute!

Viele sagen, Atomstrom sei unverzichtbar. Es sind nicht 6 Prozent, sondern es sind nur 2 Prozent. Wenn man den gesamten Energiebedarf der Welt betrachtet, macht Atom­energie nur 2 Prozent aus. Wir können uns das jetzt ganz einfach ausrechnen: Wenn wir nur 3 Prozent der Gesamtenergie einsparen, dann könnten wir damit Atomenergie substituieren beziehungsweise überflüssig machen. So einfach ist die Rechnung! Wenn von billiger Atomenergie gesprochen wird, so ist aus meiner Sicht das Wort „billig“ in Zukunft absolut nicht mehr angebracht. (Abg. Kopf: Das ist ein Argument!) – Nein, es ist kein Argument mehr in Zukunft! (Abg. Kopf: Gegenüber manchen anderen schon!)

Wenn man die Menschen, die bisher aufgrund der friedlichen Nutzung der Atomener­gie in Tschernobyl und anderswo gestorben sind, zusammenzählt und diese Zahl durch die Jahre, die wir schon friedliche Atomkraft nutzen, dividiert, dann kommen wir je nach Berechnung auf 1 000 bis 3 000 Menschen pro Jahr. Jedes Jahr sterben an den Fol­gen der Atomkraft 1 000 bis 3 000 Menschen! Jetzt sterben sie leider oder Gott sei Dank nicht jedes Jahr, sondern das Sterben häuft sich bei großen Unfällen. Wie wir heute schon von Kollegin Glawischnig gehört haben, passiert so etwas gemäß Wahr­scheinlichkeitsrechnung alle 23 bis 30 Jahre. Das wird also bewusst in Kauf genom­men! Es wird in Kauf genommen, dass Menschen sterben! Das wird ganz bewusst in Kauf genommen von den Atomlobbys, von den Atomstromproduzenten.

Viele sagen: Ja, das sind Unfälle; das eine Mal war es menschliches Versagen, das andere Mal war es eben ein zu altes Kraftwerk, und es wird alles viel besser werden! Es sterben jedoch auch bei normalem Betrieb Menschen. Viele wissen das gar nicht, aber rund um die weltweit aufgestellten Atomkraftwerke sterben auch bei Normalbe­trieb Menschen, und zwar Menschen, die in der Umgebung dieser Kraftwerke leben.

Es gibt eine Untersuchung des deutschen Strahlenbunds aus 2007, die eindeutig fest­gestellt hat, dass im Umkreis von Atomkraftwerken insbesondere die Kindersterblich­keit wegen Krebs stark erhöht ist. Es sterben also auch ohne jeden Unfall Menschen.

Stellen Sie sich eine alleinerziehende Mutter mit einem kleinen Kind vor. Sie zieht in die Nähe eines Atomkraftwerks, weil die Mieten dort billig sind; das muss man ja auch sehen! Wer wohnt denn in der Nähe eines Atomkraftwerks? – Das sind Menschen, die sich teure Mieten nicht leisten können. Diese Mutter zieht also in die Nähe eines Atom-


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