Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll98. Sitzung / Seite 119

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Der Bundeskanzler möchte eine Bürgerinitiative starten, aber gleichzeitig wollen wir nicht einmal mit Bürgerinnen und Bürgern reden, die sich hier vor dem Haus schon heute engagieren. Wir fordern unbedingt, das zu tun. Und im Übrigen bin ich der Mei­nung, Österreich braucht ein eigeständiges, starkes und engagiertes Umweltministe­rium. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.40


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Ing. Lugar zu Wort. – Bitte.

 


14.40.51

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (BZÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Zuschauer hier im Saal und zu Hause an den Fernsehgeräten! Wenn man die Debatte der letzten Zeit verfolgt, bekommt man wirklich das Gefühl, dass Österreich ein Vorzeigeland ist. Es wird uns immer eingeredet: Wir sind ja gegen die Atomkraft, bei uns gibt es ja keine Atomkraftwerke, wir haben ja auch Zwentendorf nie aufge­sperrt. Was da so alles passiert mit der Atomenergie, das betrifft uns ja alles nicht wirk­lich.

In Wirklichkeit haben wir aber ein Atomkraftwerk. Wir haben ein Atomkraftwerk! Es steht nur nicht in Österreich, es steht in Temelín. (Abg. Dr. Pirklhuber: In Krško!) Und zwar deshalb, weil wir die gesamte Stromproduktion von Temelín importieren, und so­gar noch mehr als das. Das heißt also, unsere Atomkraftwerke stehen rund um unser Land. Und jetzt frage ich mich: Was es für einen Sinn macht, Zwentendorf nicht auf­zusperren, aber dafür dann Temelín zu unterstützen, Krško zu unterstützen, Paks zu unterstützen? Was macht das für einen Sinn?! Deshalb wäre ein bisschen weniger Verlogenheit in der Debatte aus meiner Sicht ganz angebracht. Wenn wir schon gegen Atomenergie sind, dann müssen wir auch gegen Atomstromimporte sein, und nicht, so wie es der Verbund und andere machen, riesengroße Atomstrom-Waschmaschinen in Österreich betreiben.

Ich habe mir das einmal im Detail angeschaut. In der Nacht, wenn alle schlafen, wird Atomstrom aus Temelín, Krško, Paks und wie sie alle heißen importiert. Damit wird dann zum Beispiel in Kaprun Wasser nach oben gepumpt, und dann, tagsüber, wenn der Strom gebraucht wird, wird das Wasser abgelassen und der damit produzierte Strom wird dann nach Deutschland oder sonst wohin als Ökostrom verkauft. Das muss man sich einmal vorstellen! Wir importieren also Atomstrom, waschen ihn sauber, ma­chen daraus Ökostrom und exportieren ihn wieder. Deshalb wäre in dieser Debatte ein bisschen weniger Verlogenheit angebracht. Und wenn wir schon gegen Atomenergie sind, dann müssen wir auch Atomstromimporte verhindern, denn sonst ist das verlogen.

Wir brauchen den Atomstrom in Wirklichkeit auch gar nicht, wenn wir in Österreich die Einsparungspotenziale nutzen würden, die wir haben: im Haushalt zirka 30 Prozent, im Gewerbe, in der Industrie zirka 7 bis 10 Prozent, je nach Berechnung. Allein bei der Straßenbeleuchtung könnten wir 50 Prozent Energie einsparen. Würden wir all diese Schätze heben, dann bräuchten wir keine Atomstromimporte, dann hätten wir sogar Überschüsse. Wir könnten also unsere Wasserkraft exportieren und so tatsächlich sau­beren Strom exportieren anstatt sauber gewaschenen Atomstrom mit dem Etikett Öko zu versehen, um die deutschen Konsumenten damit zu blenden.

Schauen wir uns einmal die Argumente an, die dazu in der Vergangenheit gebracht wurden. Es hat immer geheißen, ohne Atomstrom ist der Strom, der aus der Steckdose kommt, teuer. Ist Atomstrom aber wirklich billig? – Ja, es gibt billigen Atomstrom, den gibt es. Der kommt jedoch von den alten Kraftwerken, der kommt von Kraftwerken, die für 30 Jahre ausgelegt wurden, und jetzt nach 40 Jahren oder länger immer noch lau­fen. Mit diesen Laufzeitverlängerungen, mit dem Herausdrücken der letzten Kilowatt-


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