Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll99. Sitzung / Seite 130

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Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlung über den Punkt 7 der Tagesordnung, damit die verlangte Behandlung der Dringlichen Anfrage gemäß der Geschäftsordnung um 15 Uhr stattfinden kann.

15.00.40Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bun­des­kanzler betreffend: Genug gezahlt für Pleitestaaten – von der Europhorie zur Eurosklerose (8097/J)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung der schrift­lichen Anfrage 8097/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Nachdem Sie als Bundeskanzler es nicht der Mühe wert finden, eine Erklärung vor dem Nationalrat abzugeben, wenn Sie wenige Tage zuvor im Namen der öster­reichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, zusätzlich zu den bereits zu leis­tenden 2,29 Mrd. Euro weitere 2,2 Mrd. Euro an Bargeldzahlungen für den Euro­rettungsschirm zusagen, sehen wir uns gezwungen, Sie auf diese Weise zu den Beschlüssen des Europäischen Rates vom 24. und 25. März 2011 und ihren Auswirkungen auf Österreich zu befragen. Dies nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund Ihrer Ausführungen im Rahmen der heutigen Aktuellen Stunde, in der Sie die Mehr­belastung der österreichischen Steuerzahler mit keinem Wort erwähnten, aber eine Zustimmung zu der von den Österreicherinnen und Österreichern abgelehnten zen­tralisierten EU-Wirtschaftsregierung sowie einer „Angleichung“ der unterschied­lichen Bedingungen in den Euro-Ländern in den nächsten Monaten angekündigt haben, was nur ein Absinken der österreichischen Standards im Bereich sozialer Absicherung und der Löhne bedeuten kann.

Zur Erinnerung: Mit diesen 4,5 Mrd. Euro könnte der Koralmtunnel fast zur Gänze finanziert werden, oder es könnten zwei namhafte Steuerreformen umgesetzt werden oder die österreichische Bildungsmisere wäre Geschichte.

So aber wird dieser Betrag für die vermeintliche Rettung des Euro verwendet und kommt in Wahrheit überwiegend ausländischen Banken und Spekulanten zugute, die sonst zweifelhafte Staatsanleihen in ihren Bilanzen abschreiben müssten.

Das Projekt einer gemeinsamen Währung startete zunächst viel versprechend. Das System des EWS, das alle europäischen Währungen mit stabilen Wechselkursen verband, wirkte so wie es sich alle Beteiligten gewünscht hatten. Die strengen Konver­genzkriterien wurden von allen Ländern eingehalten. Die Weichwährungsländer stabi­lisierten ihre Haushalte und Wechselkurse und die Drohung von Sanktionen durch die Kommission schien ihre Wirkung nicht zu verfehlen. So wurde der Euro im Jahr 1999 zunächst als Buchgeld und 2002 als Bargeld eingeführt. Und tatsächlich ging am Anfang alles gut. Der Wechselkurs gegenüber dem Dollar stieg nach einer kurzen Phase der Verunsicherung auf den Märkten, und die ursprünglich als Ziel ange­nommene Parität gegenüber dem Dollar wurde bei weitem übertroffen.

Die Probleme des Euro beginnen mit dem Nichtgreifen des Sanktionsmechanismus gegen Frankreich und Deutschland in den Jahren 2002/2003. Dieses Signal war verhängnisvoll, verhinderten doch die beiden „Kernstaaten“ der Eurozone gleich am Anfang der gemeinsamen Währung die wirkungsvolle Kontrolle der Einhaltung der


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