Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll99. Sitzung / Seite 133

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Es werden also vor allem ausländische Banken mit österreichischem Steuergeld gerettet, die mit den Anleihen der in Schwierigkeiten geratenen Länder spekuliert haben, und gleichzeitig werden die in Schwierigkeiten geratenen Länder ebenfalls gerettet, egal von welcher Seite aus betrachtet, der österreichische Steuerzahler ist jedenfalls immer der Dumme.

Die jüngste Tagung des Europäischen Rates, die am 24. und 25. März 2011 statt fand, hat nicht nur keine Antworten auf diese Fehlentwicklung gefunden, sondern vielmehr den Weg in die Sackgasse fortgeschrieben.

Statt im Hinblick auf Griechenland den befürchteten „haircut“ proaktiv selbst in die Wege zu leiten und den Euroländern ein Korsett zu verpassen, damit die Konvergenz­kriterien eingehalten werden, wurden die Konvergenzkriterien quasi aufgeweicht. Es ist plötzlich nicht mehr von der 60-%-Grenze der Staatsverschuldung die Rede, sondern lediglich von einem langfristig tragbaren Niveau.

Auch der „Euro-Plus-Pakt“ ist ein Schritt in die falsche Richtung. Zwar wird die Verant­wortung auf die nationale Ebene gelegt, aber die geforderten Maßnahmen der Mit­gliedsstaaten sind die ersten Schritte hin zu einer gemeinsamen Lohn- und Fiskal­politik. Das bedeutet für die österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Sicherheit einen deutlich dämpfenden Eingriff in die Lohnabschlüsse, was auch schon von ÖGB und AK kritisiert wird. „Wenn es das Ziel der EU ist, die Löhne zu drücken, sind die auf dem Holzweg“, sagte Foglar. „Der Pakt geht in die völlig falsche Richtung.“ Weiters befürchtet Foglar „immense Auswirkungen auf die Lohnpolitik, vor allem für jene Länder, die die Krise am besten bewältigt haben - Deutschland und Österreich.“ Im Übrigen sind dies auch jene Länder, in denen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch eine besonders zurückhaltende Lohnpolitik in den vergangenen Jahren bereits ihren Anteil zur Bewältigung der Krise beigetragen haben.

Weiters umfasst der Pakt auch die Idee die Besteuerung von Arbeit zu senken, bei gleich bleibendem Steueraufkommen. Die Antwort auf die Frage, wie diese Steuer­senkung im Detail gegenfinanziert werden soll, bleibt offen.

Insgesamt stellen die Ergebnisse dieses Gipfels einmal mehr eine Ansammlung von Absichtserklärungen dar, ohne im Konkreten einen Ablaufplan - mit Maßnahmen und Sanktionen - festzulegen, um einen Konsolidierungskurs im Hinblick auf mehr Haus­halts­disziplin zu bewerkstelligen.

In der Berichterstattung über diesen Gipfel ist jedenfalls nirgends zu lesen, dass der österreichische Bundeskanzler eine starke Stimme für eine Rückkehr zur strengen Einhaltung der Konvergenzkriterien gewesen wäre. Vielmehr ist der Eindruck entstanden, dass der Bundeskanzler den Irrweg des Eurorettungsschirms mit großer Begeisterung beschritten hat. Bezahlen muss ohnehin der Steuerzahler.

Welcher Irrweg hier beschlossen wurde, zeigt sich an dem Umstand, dass auch Staaten erhebliche Beträge zu jenem Schutzschirm beitragen sollen, der für sie ge­schaffen worden ist, weil sie in derartige Zahlungsschwierigkeiten geraten sind, dass auch Staatskonkurse nicht mehr auszuschließen waren. So soll Griechenland mit 2,3 Mrd. Euro um 100 Mio. Euro mehr bezahlen als Österreich! Spanien soll insgesamt sogar 9,4 Mrd. Euro zahlen. Damit führt sich das beschlossene Abkommen ad absurdum, weil schon heute klar ist, dass diese Zahlungen nicht geleistet werden können.

Derartige Ratsbeschlüsse sind jedenfalls nicht dazu angetan, das Vertrauen der Bevölkerung in die heimische oder europäische Politik zu stärken. Im Gegenteil: Es macht sich ein breitflächiges Unbehagen breit. Immer höhere Zahlungen an Pleite­staaten, während in Österreich Geld für Bildung, Forschung und Infrastrukturi­nves-


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite