Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll99. Sitzung / Seite 153

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nicht dazu da, um zu sagen, der Ist-Zustand ist der Ideal-Zustand. Unsere Aufgabe ist es sicherlich, darüber nachzudenken, wo man allenfalls auch strukturell etwas ändern kann oder ändern muss.

Aber was mich bei der ganzen Debatte so verblüfft, ist im Endeffekt das: Wir haben hier ein spezielles Wirtschaftssystem. Wir brauchen uns doch nicht jedes Mal so überrascht hier zusammenzufinden und so zu tun, als ob dieses Wirtschaftssystem so leicht planbar wäre. Bei der Rede des Kollegen Bucher habe ich zwischen seinen fast schon apokalyptischen Tönen, die er gehabt hat, fast einen Prediger der Hoffnungs­losigkeit durchschimmern gehört. Jedes Mal glaubt man: Und nachher fahren wir alle mit dem Bus zum Donaukanal und springen hinein! Ich meine, das hat ja keinen Sinn, das so zu debattieren. (Abg. Grosz: Wenn ich mir die Regierungsarbeit an­schaue, ...! – Abg. Strache: Aber dieses Gefühl ... bei der Bevölkerung, Herr Klubob­mann!)

Ich meine, in dem Zusammenhang wäre es sinnvoll, nicht Handlungsspielräume sowohl in der Politik wie auch gegenüber einem Wirtschaftssystem zu insinuieren, das resistent gegenüber Handlungsspielräumen in dieser Art ist. Einmal ist es historisch probiert worden. Das war in der kommunistischen Planwirtschaft. Das ist kläglich gescheitert. Die haben auch keine Handlungsspielräume gehabt. Die haben die Hand­lungsspielräume niedergeplant. Das hat es auch nicht gegeben.

Ich finde, wir sollten da einmal halbwegs seriös debattieren, auch was die politischen Machtverhältnisse betrifft. Ich meine, bei manchen Wortmeldungen meiner Vorredner vom BZÖ und von der FPÖ ist das immer so: Es ist ohnehin alles klar. Es liegt in der EU alles auf dem Tisch. Es wartet ein jeder nur mehr, dass wir sagen: Achtung, fertig, los!, am besten aus Österreich, und dann rennen alle in die gleiche Richtung. Das sind die Schablonen Ihrer Reden. Die sind sinnlos.

Es wartet dort niemand auf einen Pfiff aus irgendeiner Hauptstadt. Maximal akkor­dieren sich Hauptstädte und tun sich zusammen. (Abg. Mag. Stadler: Wer ist da hoffnungslos?) Es gibt dort die verschiedenen Interessensstrukturen: Die Interessens­struk­turen der Finanzmärkte, der Londoner City, die weiter bei den Steueroasen blei­ben wollen, weiter die Steuerhinterziehung tolerieren wollen, weiter die Spekulation akzeptieren wollen. (Abg. Strache: Vom Marxisten zum Turbo-Kapitalisten ent­wickelt!) – Das hat mit Marxismus noch lange nichts zu tun! (Abg. Strache: Heute sind Sie der Turbo-Kapitalist!)

Alle sagen zu Recht: Das ist eine Fehlentwicklung dieses Wirtschaftssystems, das sich gegen die Arbeitnehmer, gegen die Unternehmer, gegen dieses System richtet und das zerstörerische Kräfte hat. Gegen das sollen wir, so glaube ich, gezielt und geplant auftreten. Aber dazu braucht man eine vernünftige Debatte. (Abg. Bucher: Was sagen Sie denn den Arbeitern mit der Politik, die Sie betreiben? Was sagen Sie den Men­schen?)

Jedes Mal tragen Sie eine Fahne vor sich, wo draufsteht: Ich komme aus der Privat­wirtschaft! – Na, super! Aber was hilft uns das, wenn Sie dieses Wissen hier nicht einfließen lassen? – Das ist lächerlich. Sie stellen sich hier her und sagen: Na hallo, wieso wird das nicht geplant und umgesetzt, und das nicht, das nicht, das nicht? – Weil dort Interessensgruppen sind! Weil das ein Wirtschaftssystem ist, das sich gegen diese Regeln massiv wehrt. Ich wäre auch dafür, dass wir mehr Regeln haben. (Abg. Bucher: Wer macht denn die Gesetze? Wer schafft denn die Rahmenbedingungen?) Wenn wir für mehr Regeln sind, schreien Sie auf und sagen: Wahnsinn, zu viel Staat!

Sie haben sich in Ihrer Rede einmal widersprochen und haben gesagt: 500 Millionen € müssen die Banken zahlen, das geht zu den Kunden! Und dann haben Sie gesagt: Was zahlen die Banken? (Abg. Bucher: Ja, natürlich! Haben Sie schon einmal etwas


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