Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll100. Sitzung / Seite 19

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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mag. Schatz, bitte.

 


Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Herr Bundeskanzler! Neueste Studien sa­gen, dass 16,5 Prozent der unselbständigen Erwerbstätigen trotz Arbeit arm sind. Da­von sind 300 000 Menschen in Österreich betroffen. Rund die Hälfte von ihnen arbeitet Vollzeit und verdient trotzdem weniger als 950 € netto.

Meine Frage ist nun: Inwieweit denken Sie, dass ein gesetzlicher existenzsichernder Mindestlohn von aktuell 1 300 € brutto diesen Betroffenen, diesen Working Poor helfen würde?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Es ist eine gute österreichische Tradition, dass Lohnverhandlungen – auch über Mindestlöhne – in der Sozialpartnerschaft durch die Gewerkschaften in Partnerschaft mit den Arbeitgebern geführt werden. Die Forderung der Interessenvertreter, der Gewerkschaften – wie ja überall längst öffentlich bekannt ist –, auf 1 300 € zu gehen, ist durchaus etwas, das ich mit hoher Unterstützung begleite.

Ich halte es für richtig, dass wir in Österreich diese Verhandlungen in der Sozialpart­nerschaft führen, weil diese Tradition im Vergleich zu anderen Ländern, in denen Kon­flikte ausschließlich auf der Straße oder bei Streiks oder durch Schreiduelle ausge­tragen werden, wenn man überhaupt zusammenkommt, gut ist. Ich glaube jedoch, auf europäischer Ebene wird man Fragen wie Mindestlöhne in Angriff nehmen müssen, weil nicht überall diese Zusammenarbeit – so wie sie in Österreich im Rahmen der Sozialpartnerschaft existiert – vorhanden ist. Ich unterstütze daher sehr Ihr Anliegen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Jury, bitte.

 


Abgeordneter Josef Jury (FPÖ): Guten Morgen, Herr Kanzler! Ich möchte, was die Thematik der Übergangsfristen für die Arbeitnehmer aus den acht Staaten, die 2004 zur EU gekommen sind, betrifft, noch einmal nachhaken, weil mir Ihre Antwort an Herrn Abgeordneten Wöginger ein bisschen zu unkonkret war. Wir Freiheitliche haben den Antrag gestellt, diese Übergangsfristen zu verlängern, um den heimischen Arbeits­markt nicht unter Druck zu bringen. Das wurde leider abgelehnt.

Was werden Sie konkret tun, um diesen heimischen Arbeitsmarkt, dieses zarte Pflänz­chen der Konjunktur zu stützen, und welche Maßnahmen werden Sie einleiten, um die heimischen Arbeitnehmer zu schützen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Das Gesetz, das heute – ich weiß nicht, ob Sie ihm zustimmen werden – gegen Lohn- und Sozialdumping beschlossen wird, ist ja eine konkrete Maßnahme. Die Kontrollen wahrzunehmen, zu schauen, ob jemand das ver­dient, was im Land durch Kollektivverträge, durch gesetzliche Bestimmungen geregelt ist, ist eine sehr konkrete Maßnahme. Europaweit sich damit zu beschäftigen, wie man Lohn- und Sozialdumping hintanhalten kann, und das etwa auch in der Diskussion in die Wettbewerbskriterien, in die Standortkriterien mit aufzunehmen, ist eine sehr kon­krete Maßnahme.

Diesen hundertprozentigen Schutz, dass nie irgendetwas passiert, was man im Wirt­schaftsleben nicht möchte, den – das wissen Sie – sollte man nicht versprechen, denn den gibt es nicht. Aber zu kontrollieren und dort, wo sich jemand nicht daran hält, zu strafen, ist möglich und auch richtig. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur 2. Anfrage, und zwar ist das die des Herrn Abgeordneten Singer. – Bitte.

 


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