Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll100. Sitzung / Seite 25

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gemeinsame Maßnahmen sind gar nicht erwünscht und gar nicht notwendig. Das ist eine schlechte Voraussetzung. Wenn wir alle der Meinung sind, es gibt so etwas wie systemrelevante Banken – wobei man da auch noch hinterfragen muss, ob das be­deutet, dass da nie eine Insolvenz möglich ist, und man auch noch hinterfragen muss, ob wirklich immer jede Bank systemrelevant ist, aber von der letzten Wirtschaftskrise wissen wir, dass zum Beispiel unsere Nationalbank festgelegt hat, unsere Banken sind systemrelevant –, und wenn man weiß, dass man als Steuerzahler auf Grund der Sys­temrelevanz auch zur Kasse gebeten wird, wenn etwas schief geht, dann, muss ich sagen, halte ich es für umso richtiger, dass man sich auch der Frage gemeinsamer Einnahmen auf europäischer Ebene, bei Finanzmärkten, beim Bankensektor et cetera, widmet.

Aber, wie gesagt, ein guter Teil der Regierungschefs vertritt grundsätzlich eine andere Meinung, die wollen das nicht. Daher ist das eine Frage von starker Öffentlichkeit. Wir sind, auch wenn wir als Land noch viel größer wären, nicht in der Lage, jemand ande­ren, der etwas grundsätzlich nicht will, dazu zu bringen, außer durch Überzeugung und durch öffentlichen Druck, und den sehe ich bei der Finanztransaktionssteuer gegeben. Ich will Ihnen nicht vorlesen, was alles damit hereinkommen könnte. Aber es gibt auch eine Reihe anderer Maßnahmen, auf steuerlicher Ebene, auf der Ebene der Einnah­men, wo man koordinieren kann, dass mehr hereinkommt und weniger versucht wird, mit Steuerdumping gegeneinander noch weniger an Einnahmen zu erreichen.

Also: Gegen Steuerdumping und für gemeinsame Einnahmen ist eine ganz wichtige Aufgabe, die man mit viel Druck erledigen kann, weil die Bürger in Europa anders den­ken als so manche Regierungen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Tamandl, bitte.

 


Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Herr Bundeskanzler! Die Opposition hat ges­tern im Zuge der beiden Debatten zum Euro-Rettungsschirm heftige Kritik geübt. (Abg. Bucher: Zu Recht!) Man hat auch gemeint, die Österreicher dürfen dafür zahlen, aber die Österreicher hätten davon nichts. Es sind Beispiele wie Feuerversicherung, ja Ver­sicherungen überhaupt genannt worden, in die man einbezahlt, aber von denen man nichts hat.

Herr Bundeskanzler, daher meine Frage: Welche Konsequenzen hätte das für Öster­reich, wenn wir beim Euro-Rettungsschirm nicht mitmachen würden?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Die erste Konsequenz hätte es schon gehabt, wenn wir in dieser Wirtschaftskrise nicht gemeinsame Maßnahmen wie den Rettungs­schirm und Konjunkturpakete vorangetrieben hätten. Man hat ja in den dreißiger Jah­ren gesehen, wozu es führen kann. Ich weiß schon, in der Politik ist das, was man verhindert hat, nicht genauso interessant wie das, was man nicht verhindert hat, aber mir ist es trotzdem so lieber. Und ich würde es gar nicht im Vergleich erleben wollen, was es für verheerende Folgen hätte, wenn wir jetzt wirklich die Ratschläge wahrneh­men und hier durch Untätigkeit die Zukunft nicht gestalten würden.

Das Zweite – und da bin ich ganz Ihrer Meinung – ist, dass man natürlich von einem Schutzschirm auch dann etwas hat, wenn man nicht selbst betroffen ist. Hoffentlich wird unsere Stabilität durch gemeinsame Kraftanstrengung, durch richtige Politik immer so sein, dass wir nichts brauchen. Aber man hat etwas von einem Schutzschirm, denn es geht ja um Handelspartner, es handelt sich um Lebensbedingungen für Menschen in Europa, und davon, wie diese sich entwickeln, hat man sehr viel als österreichischer Staat und auch als Bevölkerung. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

 


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