Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll100. Sitzung / Seite 105

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Ich halte nicht viel davon, wenn Ankündigungen enthalten sind, die bislang nicht umge­setzt wurden. Ich denke zum Beispiel an das Freiwilligengesetz, das es schon längst geben sollte. Meines Wissens werden Anträge der Opposition, die in diese Richtung gehen, weiter vertagt.

Im Arbeitsmarktbereich, der heute schon sehr oft angesprochen wurde, gibt es perma­nent Handlungsbedarf. Man darf sich nicht darauf ausruhen, dass man von der nied­rigsten Arbeitslosenquote und – wie Sie heute, Herr Bundesminister – vom höchsten Beschäftigungsstand spricht. Das ist positiv, das ist zu begrüßen, aber Sie müssen na­türlich auch dazusagen, dass es etwa 350 000 Österreicherinnen und Österreicher gibt, die trotz Vollzeitarbeit nicht von dieser Arbeit leben können und arm sind. Das sind ins­besondere auch Frauen.

AK-Chef Tumpel hat nicht ohne Grund gesagt: Die Situation der Frauen auf dem Ar­beitsmarkt hat sich trotz begrüßenswerter Beschäftigungsquote nicht wesentlich ver­bessert. – Wenn ich daran denke, dass 50 Prozent des AMS-Budgets für Qualifizie­rungsmaßnahmen für Frauen verwendet werden, dann ist irgendwo der Wurm drinnen, denn der Output ist eigentlich ein viel zu geringer.

Daher unsere Forderung – ein Vorredner hat es auch schon gesagt, und wir vom BZÖ sind auch auf dieser Linie –: Ein gesetzlicher Mindestlohn in der Höhe von 1 300 € brutto wäre zum Beispiel absolut notwendig.

Was mir auch wichtig erscheint, sind die älteren Arbeitnehmer. Da meine ich jetzt nicht die 58-Jährigen, sondern schon jene ab 45, die in Umfragen immer wieder sagen: Wir haben weniger Chancen, einen neuen Arbeitsplatz zu bekommen. Ich denke, in die­sem Bereich ist absoluter Handlungsbedarf gegeben.

Leider Gottes hat sich in den letzten Jahren auch nichts verändert, was die Armuts­quote anlangt. Nach wie vor sind Kinder, Jugendliche, Mehrkinderfamilien, Einelternfa­milien betroffen. Besonders sind auch, das geht aus diesem Bericht auch hervor, ältere Frauen davon betroffen. Es ist schon sehr bedeutend, dass 12 bis 13 Prozent der Men­schen armutsgefährdet sind. Sie sind also sehr stark von Armut bedroht. Ohne Sozial­transfers wären es 24 Prozent. Wir sehen also, dass diese Transferleistungen, die von der öffentlichen Hand gegeben werden, absolut notwendig sind, sonst würde diese Quo­te noch steigen.

Meine Damen und Herren von der Regierung, was tun Sie? – Sie haben Familienleis­tungen reduziert und gestrichen. Sie haben den Zugang zum Pflegegeld erschwert. Sie zahlen sozusagen lieber Milliarden an Pleitestaaten oder für den EU-Rettungsschirm.

Ich denke, dass die Mindestsicherung, die als ein Mittel zur Armutsbekämpfung ange­führt ist, sicher nicht ausreichen wird. Man hat auch noch gar keine Erfahrungen, weil sie noch nicht einmal in allen Bundesländern eingeführt wurde. Diese Mindestsiche­rung, wie sie jetzt ist, bringt zu wenig Anreize, um auch zu arbeiten.

Dem Bereich der Pflege fehlt eigentlich nach wie vor das Gesamtkonzept. Herr Bun­desminister, Sie haben jetzt 685 Millionen € als Entlastungspaket verhandelt. Sie inse­rieren großflächig in den Zeitungen und schreiben: „Die Pflege ist gesichert.“ – Ich fin­de, das ist eine absolute Täuschung der Bevölkerung! Es ist ein Entlastungspaket für Gemeinden, weil bei diesen die Sozialkosten explodieren. Ich weiß das, weil ich selbst Gemeinderätin bin. Diese Kosten steigen jährlich an, und die Gemeinden können das einfach nicht mehr schaffen. Aber man beginnt eine entsprechende Reform nicht an der Wurzel.

Die Pflege ist bis 2014 gesichert, bis zu den nächsten Wahlen beziehungsweise nach den nächsten Wahlen, und dann geht es wieder weiter.

Das ist also eine vorübergehende Entlastung. Davon wird natürlich in erster Linie die stationäre Pflege profitieren. Das ist ganz klar, denn das sind die Sozialkosten, die die


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