Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll100. Sitzung / Seite 108

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Grüne glauben, dass es aufgrund dieses Berichtes und dieser Entwicklung einen gro­ßen Handlungsbedarf im Bereich der Sozialpolitik gibt. Wir würden uns vor allem eine noch engagiertere Armutsbekämpfungspolitik wünschen.

In diesem Zusammenhang möchte ich nur kurz auf vier Punkte eingehen. Es braucht unserer Meinung nach endlich eine wirklich existenzsichernde Grundsicherung. Die Mindestsicherung kann das, was wir uns von einem effizienten Armutsbekämpfungs­instrument erwarten würden, leider nicht leisten. Sie ist zum einen deutlich zu niedrig, und zum anderen eben definitiv niedriger als der eigentliche Armutsgefährdungs­schwellenwert.

Es ist auch ein Problem, dass das, was Sie mit der Mindestsicherung eigentlich ver­sprochen haben, nämlich dass es keine Verschlechterung gegenüber dem früheren Sozialhilfesystem geben wird, leider nicht von allen Bundesländern eingehalten wird. Ich habe Sie im Sozialausschuss darauf angesprochen, und Sie meinten, in der 15a-Vereinbarung sei nicht vorgesehen, dass der Bund irgendwelche Eingriffsmöglichkeiten hat – also wenn es in den Ländern Verschlechterungen gibt, können Sie nichts ma­chen. Ich glaube nicht, dass das eine akzeptable Haltung ist. Ich finde, Sie müssen sich dafür einsetzen. Sie haben gesagt, es gebe ein Verschlechterungsverbot, also schauen Sie bitte auch, dass das auf jeden Fall umgesetzt wird, weil das Niveau an sich schon ein so niedriges ist.

Darüber hinaus bringt mich die Koppelung der Mindestsicherung an das Zurverfü­gungstehen für den Arbeitsmarkt zum Thema AMS. Ich möchte jetzt nicht auf die AMS-Politik, auf die Qualität der Arbeit des AMS eingehen, denn darüber diskutieren wir oh­nehin sehr oft, sondern etwas anderes thematisieren: Es fließen enorme Mittel in die Arbeitsmarktpolitik, und uns als Nationalratsabgeordneten ist es eigentlich nicht mög­lich, klar zu erkennen beziehungsweise überhaupt zu kontrollieren, was mit diesen Mit­teln geschieht.

Dieses System ist in hohem Maße intransparent. Es wird unheimlich viel über interne Leitlinien und Regeln gemacht, vergeben et cetera, und man weiß nicht, was mit die­sen Mitteln ganz konkret geschieht. Ich bitte Sie, sich einfach dafür einzusetzen bezie­hungsweise im Bewusstsein zu haben, dass wir hier mehr Einblick brauchen, sonst ist parlamentarische Kontrolle auch im Hinblick auf Budgetpolitik nicht möglich. (Beifall bei den Grünen.)

Ein weiterer Punkt zum Thema Arbeitsmarkt – Frau Kollegin Haubner hat das auch schon angesprochen –: Wir haben ein massives Problem, dass in den unteren Einkom­mensbereichen die Einkommen sogar geringer werden. Das heißt, sie wachsen nicht nur nicht, sie verlieren sogar an Wert. Der ewige Verweis darauf, dass die Sozial­partner oder die Gewerkschaften schauen, dass wir irgendwann einmal diese 1 300 € erreichen, ist einfach nicht akzeptabel.

In fünf Jahren, in zehn Jahren haben Sie das dann vielleicht geschafft, aber so lange wollen wir nicht warten. Wenn Sie schon jetzt dauernd unsere Mindestlohnanträge ab­lehnen, dann erwarte ich mir von Ihnen, dass Sie eine Frist setzen. Wenn bis zum 31. Dezember dieses Jahres über Kollektivverträge kein Mindestlohn von 1 300 € brut­to erreicht wird, dann müssen Sie etwas anderes tun – dann ist eben die Konsequenz und Ihre Handlungsmöglichkeit, einen gesetzlichen Mindestlohn auf den Weg zu schi­cken.

Einen Punkt möchte ich noch zu diesem Jubel in Bezug auf die hohe Beschäfti­gungsquote erwähnen. Das Problem dabei ist, dass wir zwar eine höhere Beschäfti­gung haben, aber trotzdem die Einkommen der Einzelnen in wesentlichen Teilen zu­rückgehen und vor allem auch die Lohnquote nicht steigt. Das sagt ja alles über die Qualität der Jobs aus, die jetzt wieder dazukommen.

 


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