Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll100. Sitzung / Seite 124

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Da dieser inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:

Begründung

Die zahlreichen, in den letzten Wochen und Monaten ans Tageslicht gekommenen Skandale zeigen den Zustand dieser Republik: Das Vertrauen der BürgerInnen in die Politik sinkt. „In Österreich ist derzeit vieles faul“, sagen 83 Prozent der Österreiche­rInnen laut IMAS-Umfrage. 45 Prozent sind der Meinung, es gebe in Österreich heutzu­tage mehr Korruption als in früheren Zeiten. Ganz oben auf der Liste der Missstände sieht die Bevölkerung die Verschwendung von Steuergeldern. Aktuelle Fälle zeigen die Dringlichkeit des Problems. Sie belegen aber auch die unterschiedlichen Erschei­nungsformen politischer Korruption:

Der Fall Ernst Strasser wirkt wie ein Lehrbuchbeispiel: Ein Abgeordneter fordert Geld, um bestimmte Interessen in parlamentarischen Anträgen durchzusetzen. Derart klar tritt Korruption nur selten auf. Umso schlimmer ist es, dass so ein Verhalten für Ab­geordnete im österreichischen Nationalrat derzeit nicht strafbar wäre. Das Beschä­mende an dem Fall: bereits vor seiner Wahl hat Ernst Strasser öffentlich angekündigt, dass er seinen „Brotberuf“ als Lobbyist im EU-Parlament weiter ausüben wird. Auch die Affäre rund um parteipolitische Postenbesetzungen in Strassers Zeit als Innenminister hätte ein Warnzeichen sein müssen.

Ein anderes Modell politischer Korruption zeigt die freiheitliche Werbeagentur „Con­nect“ in Kärnten: die regierende Partei im Land besitzt eine Firma, die selbst keine Mit­arbeiter beschäftigt. Dennoch verrechnet diese Agentur für angebliche Beratungsleis­tungen tausende Euro an Kärntner Unternehmen. Und zwar im zeitlichen Zusammen­hang mit wertvollen Landesaufträgen an eben diese Unternehmen. Teilweise sollten die Zahlungen dabei sogar direkt in die Parteikasse der FPK fließen. Über all dem steht Parteiobmann Uwe Scheuch, der von nichts gewusst haben will. Das finanzielle „Mit­schneiden“ an öffentlichen Aufträgen, die aus Steuergeldern finanziert werden, schä­digt den Staat auf mehrfache Weise: durch den direkten Verlust an Steuergeldern, durch die Beeinträchtigung des Wettbewerbs und dadurch höhere Preise für die öf­fentliche Hand, und nicht zuletzt durch die schwerwiegende Schädigung des Vertrau­ens in die Politik.

Zur Spitze getrieben wurde dieses System unter der schwarz-blau-orangen Regierung im Freundeskreis Karl-Heinz Grasser. Der Verkauf von zigtausenden Bundeswohnun­gen weit unter ihrem Wert. Die Einmietung von Behörden und Gerichten in neugebaute Luxusimmobilien. Der lukrative Zwischenverkauf von Anteilen der Hypo Alpe Adria an vermögende Investoren. Die „Beratung“ staatsnaher Betriebe in Angelegenheiten, von denen die Berater keine Ahnung haben. Und immer mit dabei als Empfänger von Pro­visionen in Millionenhöhe: engste Freunde des Finanzministers. Niemand weiß, was ih­re Leistung war. Bis heute ist nicht geklärt, wohin die Millionen letztlich geflossen sind. Staatsvermögen wurde versilbert, während befreundete Unternehmen glänzende Ge­schäfte machten. Der Verdacht, dass umfangreiche „Kick-Backs“ an die politischen Verantwortungsträger flossen, ist naheliegend.

Bei diesen freiheitlichen Politikern ist noch zu nennen: Jörg Haider, einst angetreten als vorgeblicher Kämpfer gegen Parteibuchwirtschaft, Bonzen und Privilegien, später Mastermind des blau-orangen Korruptionssumpfes, des Systems Grasser-Scheuch und eifriger Spendensammler in Bagdad und Tripolis. Wenn PolitikerInnen sich an die finanzielle Leine ausländischer Unrechtsregime begeben, dann bedroht dies letztlich die Souveränität unseres Staates.

 


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