Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll100. Sitzung / Seite 148

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„Dieses Gesetz war auch ein Tiefpunkt in formaler Hinsicht, weil es in einer befremd­lichen Distanzierung von der hauseigenen Straflegislative zunächst außer Haus vorbe­reitet worden war.“

Halten wir fest: Die Korruptionsstrafbestimmungen wurden im Sommer 2009 auf Wunsch der Lobbyisten aufgeschnürt. Sie mussten damit Ihre eigene Strafrechtssek­tion, die eigene Strafrechtslegislative umgehen, indem Sie extern ein Gesetz basteln haben lassen, weil Sie in Ihrem Haus keine Akzeptanz für diese Maßnahme gehabt ha­ben. Unglaublich! – Dann geht es weiter:

„Wir in der Straflegislative konnten zwar nachträglich noch die ärgsten handwerklichen Defizite an diesem Außer-Haus-Entwurf beseitigen, aber zufrieden oder gar stolz machte uns letztlich weder Inhalt noch Art des Zustandekommens dieses Gesetzes. Und heute zeigt sich, dass zwar Anfütterer und Angefütterte wieder einander symbio­tisch zulächeln können, das Gesetz aber doch der internationalen Reputation Ös­terreichs stark abträglich ist. Das scheint offenbar hingenommen zu werden, was ich als Ausdruck einer gewissen antiinternationalen Grundhaltung interpretiere.“ (Abg. Mag. Donnerbauer: Was zitieren Sie denn da, Herr Kollege?)

Das sagt der ehemalige Sektionschef Bogensberger. Sie können das in der Mitarbei­terzeitung des Bundesministeriums für Justiz nachlesen. Aber ich nehme an, Frau Jus­tizministerin, Ihnen ist das ohnedies bekannt. – Das war der eine Punkt.

Und dann, nachdem Sie so einen Entwurf vorgelegt haben, ist das Parlament aktiv ge­worden, und es hat eine rot-schwarz-blaue Allianz der Willigen dieses Gesetz im Ho­hen Haus verabschiedet. – So viel zum einen.

Zum anderen, zum Abgeordnetenkorruptionstatbestand: Da können Sie ja nur bedingt etwas dafür, denn der ist schon im Jahr 2007 ins Gesetz gekommen. Das Einzige, was ich Ihnen vorwerfen muss: dass Sie hier das Parlament offensichtlich für dumm ver­kaufen wollen, indem Sie die nicht von Ihnen vorgelegten vermeintlichen Verschär­fungen aus 2009 uns tatsächlich hier heute als Verschärfung verkaufen wollen. Sie sa­gen, der Amtsträgerbegriff ist erweitert worden. Das stimmt – aber was Sie verschwei­gen, ist, dass der Amtsträgerbegriff zwar erweitert wurde, aber großzügige Ausnah­men ins Gesetz hineingenommen wurden. (Abg. Amon: Wehren Sie sich jetzt gegen die Verschärfung oder sind Sie dafür?)

Wenn Sie jetzt sagen, die Abgeordneten sollen weiterarbeiten, dann sage ich in Kennt­nis der Geschichte dieses Gesetzes: Sie machen wieder den Bock zum Gärtner. Tat­sache ist, dieses Gesetz ist zahnlos. Es hat auch damals wieder die Allianz der Wil­ligen aus SPÖ, ÖVP und FPÖ gegeben. – Die FPÖ war immer dabei, und wenn man dem Kollegen Pilz zuhört, dann weiß man, es gibt gute Gründe, warum die FPÖ immer dabei war, wenn es um ein zahmes Korruptionsstrafrecht gegangen ist.

Inhaltlich ging es – ich war von Anfang an immer wieder in die Verhandlungen zu die­sem Korruptionstatbestand für Abgeordnete eingebunden, ich kann mich noch gut an das erste Treffen erinnern – um die Umsetzung des UN-Übereinkommens gegen Kor­ruption. Das Thema war sofort: Das muss man nicht umsetzen, das kann man nicht umsetzen, darum geht es nicht! Es soll möglichst schmal bleiben. – Das hat man dann auch gemacht: Man hat nur den Stimmenkauf unter Strafe gestellt. Alle Parteien haben zugestimmt – wir haben nicht mitgestimmt.

Ein paar Monate später hat der Legislativdienst des Hauses bereits darauf hingewie­sen, dass dieses Gesetz repariert werden muss, weil es nicht dem UN-Übereinkom­men entspricht. – Keine Reaktion.

Wieder ein paar Monate später hat die GRECO – das ist die Staatengruppe gegen Kor­ruption im Europarat – in ihrem Bericht relativ scharf Kritik an diesem Gesetz geübt und


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