Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll102. Sitzung / Seite 34

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sich dieser in letzter Zeit abgesprochen hat, und so weiter. Das ist ein Skandal, was Sie da heute beschließen werden! Die SPÖ weiß das und fühlt sich daher auch nicht wohl dabei. (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Das muss man sich einmal vorstellen: Das Ganze findet statt ohne richterliche Geneh­migung! Bisher brauchte ein Staatsanwalt, wenn er Hausdurchsuchungen anordnet, wenn Daten abgerufen werden, eine richterliche Genehmigung. Und in Hinkunft wird das in Österreich ohne richterliche Genehmigung gemacht!

Ich habe mir angeschaut, wie das die anderen Länder machen, und kann sagen: In an­deren Ländern ist hiefür natürlich eine richterliche Genehmigung notwendig. Lediglich in einem einzigen anderen Land braucht man keine richterliche Genehmigung. Und wissen Sie, in welchem? – In Italien!

Ich „gratuliere“ Ihnen von der österreichischen Bundesregierung: Sie haben das öster­reichische Justizsystem auf „System Italien“ umgestellt, aufs „Bunga-Bunga-System“, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist Ihre Leistung, die Sie heute vollbrin­gen! (Beifall beim BZÖ.)

Sie von ÖVP und SPÖ schießen übers Ziel hinaus, und Sie widersprechen auch Dut­zenden Verfassungsexperten, aber auch dem Datenschutzrat. Wo ist denn der Kollege Maier, der Vorsitzende des Datenschutzrates? – Kollege Maier, ich habe hier hunderte Zitate von Ihnen, die zeigen, dass Sie gegen eine Vorratsdatenspeicherung sind.

Herr Kollege Maier, Sie haben heute die Chance, dagegen zu stimmen. Sie haben nur zwei Möglichkeiten: entweder hier im Hohen Haus gegen dieses Vorratsdatenspeiche­rungsgesetz zu stimmen – oder als Vorsitzender des Datenschutzrates abzutreten, denn dann haben Sie versagt, Herr Kollege Maier. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abge­ordneten der FPÖ.)

Ich weiß auch, dass Kollege Pendl das nicht will. Ich weiß, dass Kollege Jarolim das nicht will. Ich weiß auch, dass Klubobmann Cap diesen Beschluss in Wirklichkeit nicht will.

Und gestern kam die Regierung daher und knallte uns einen Entschließungsantrag auf den Tisch. Wissen Sie, was da drinnen steht? – Das ist überhaupt das Allerbeste: Das ist die Pervertierung der Demokratie, des Rechtsstaates und des Parlamentarismus! Die beiden Regierungsparteien wissen bereits, dass im Evaluierungsbericht der EU-Kommission, der seit wenigen Tagen vorliegt, die Vorratsdatenspeicherungs-Richtlinie als obsolet erklärt wird, weil schwerwiegende Mängel festgestellt wurden, weil der Schutz personenbezogener Daten nicht gewährleistet ist und weil es massive Grund­rechtsverletzungen gibt – und in den einzelnen Nationalstaaten bereits die Verfas­sungsgerichte diese Regelung kippen.

Das, meine Damen und Herren, steht im Evaluierungsbericht der EU-Kommission, und es gibt die Ankündigung der zuständigen EU-Kommissarin, dass diese Richtlinie völlig erneuert und im Dezember neu herauskommen wird. Was aber machen die beiden Re­gierungsparteien hier heute? – Anstatt dass sie diese beiden Tagesordnungspunkte, weil das laut EU ohnehin obsolet ist, von der Tagesordnung nehmen und bis Dezem­ber warten, wollen sie das heute ruck-zuck beschließen lassen und bringen einen Ent­schließungsantrag ein, in dem steht, dass gegebenenfalls, eben bei einer Änderung der EU-Richtlinie, dieses falsche Gesetz wieder geändert werden kann.

Das ist doch wirklich ein Skandal! Sie von SPÖ und ÖVP wissen, dass Sie heute einen Unfug beschließen, einen Unfug, der es möglich macht, dass die Menschen wie in schlimmsten Stasi-Zeiten bespitzelt werden! Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, lehnen wir ab – und daher müssen wir heute, und das beantragen wir, die Stopptaste drücken.

 


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