Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll102. Sitzung / Seite 134

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gierungsparteien geführt hat, wenngleich es seitens der Wohlmeinenden gegenüber den Nichtwissenden die unablässige Aufgabe bleibt, es an Belehrung nicht mangeln zu las­sen. (Heiterkeit der Abgeordneten Kopf und Neugebauer. – Abg. Neugebauer: Der war gut! Als pädagogisches Prinzip ...!) – Herr Hauptschuldirektor, ich danke dir! Das ist doch wohl wahr.

Eingangs: Worüber gilt es zu sprechen? Jetzt komme ich zum ernsten Teil der Sache. Ich rufe in Erinnerung: Was ist der Wesenskern von Grund- und Freiheitsrechten? – Nichts anderes – aber auch nicht weniger – als der partielle Verzicht des Staates auf machtmäßigen Zugriff auf die ihm unterworfenen oder auf die ihm rechtlich gebunde­nen oder ihm machtmäßig zur Verfügung gestellten Menschen – kurz: auf die, die auf seinem Territorium wohnen und sonstwie verblieben sind.

Grund- und Freiheitsrechte bedeuten also Einschränkung machtmäßiger Möglichkei­ten, sei es faktischer Art – etwa durch polizeilichen Zugriff – oder rechtlicher Art durch strukturierte gesetzliche Anordnungen, was der Staat genau nicht darf. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Nun ist es wohl so, dass es ein nicht unerhebliches Maß an Staatskunst bedeutet, genau dieses Maß richtig zu wählen, weil wir – zumal in der Legistik – per­manent in der Notwendigkeit stehen, eine Balance zwischen Elementen sicherheitspo­litischer Vorkehrungen zu treffen und im Rahmen dieser sicherheitspolitischen Vorkeh­rungen den Freiheitsraum des Bürgers nicht unangemessen zu berühren.

Bedauerlicherweise wurde in den Debatten des Justizausschusses sowohl durch die Debattenredner der Fraktionen – namentlich der Opposition – als auch überwiegend von den beigezogenen Experten klar und einhellig gesagt – eine kleine Ausnahme sei hinzugefügt: von fünf Experten waren vier dieser Meinung (Zwischenruf der Abg. Dr. Moser) –, dass die in Rede stehende Telekommunikationsregelung und die Vor­ratsdatenspeicherung verfassungswidriger Natur sind.

Ergänzend hiezu: Diese Novellierung wird ja damit begründet, dass es die Richtli­nie 2006/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates umzusetzen gelte, die als Grundlage dieser von uns abgelehnten gesetzlichen Maßnahme herangezogen wird. Einer der Experten – noch dazu derjenige, der von der SPÖ nominiert worden ist – hat klar zum Ausdruck gebracht, dass es zur Vermeidung des befürchteten Ver­fahrens der EU-Behörden gegen Österreich genügte, lediglich das Telekommunika­tionsgesetz und nicht das Strafprozessrecht zu ändern, das ja den Zugriff auf die prä­ventiv – ohne Verdacht – erzeugten und gespeicherten Daten erlauben würde.

Ergänzend hiezu habe ich auch im Justizausschuss die Leitsätze des Ersten Senates des deutschen Bundesverfassungsgerichts, der die in Deutschland ergangenen Vor­schriften aus verfassungswidrigen Gründen aufgehoben hat, genau zu dieser Materie zu zitieren, nämlich im Kern:

„Der Abruf und die unmittelbare Nutzung der Daten sind nur verhältnismäßig“ – und ich verweise auf meine Ausführungen zur Verhältnismäßigkeit zwischen gesetzlicher An­ordnung und eventuellem Eingriff –, „wenn sie überragend wichtigen Aufgaben des Rechtsgüterschutzes dienen. Im Bereich der Strafverfolgung setzt dies einen durch bestimmte Tatsachen begründeten Verdacht einer schweren Straftat voraus. Für die Gefahrenabwehr und die Erfüllung der Aufgaben der Nachrichtendienste dürfen sie nur bei Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte für eine konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person, für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Lan­des oder für eine gemeine Gefahr zugelassen werden.“Dasselbe gilt für Eingriffe durch die Strafverfolgungsbehörden.

Genau dieser strenge Parameter, den das deutsche Bundesverfassungsgericht he­rausgeschält und beleuchtet hat, fehlt in dieser Gesetzesvorlage zur Gänze. Meine Da­men und Herren, kommen Sie nicht zurück auf die von Ihnen abgedroschene Formel, es habe die Opposition nichts Konkretes vorzuschlagen!

 


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