Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll102. Sitzung / Seite 163

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spielt. Wenn Strafverfolgung als legitimer Anspruch der Gesellschaft ermöglicht werden soll, muss man fragen, wie das funktionieren kann, und zwar mit minimalen Grund­rechtseingriffen. Den Strafverfolgungsbehörden sollte es daher auch ohne pauschale Überwachung aller Telekommunikationsbewegungen möglich sein, in engeren, grund­rechtsschonenden Grenzen Erkenntnisse aus bestimmten Daten zu gewinnen. Das war die Aussage von Peter Schaar, Bundesdatenschutzbeauftragter, der darauf hinge­wiesen hat, dass statt einer flächendeckenden verdachtsunabhängigen Speicherung von Daten eine verdachtsabhängige Speicherung von Daten diskutiert werden sollte. Genau so wird in den USA gegen Straftäter, gegen organisierte Kriminalität vorgegan­gen.

Daher sollten auch wir uns überlegen, Hohes Haus, im Zuge einer Novelle, einer neu­en Richtlinie auf europäischer Ebene (Abg. Dr. Moser: Warum nicht gleich? – Abg. Ing. Westenthaler: Warum nicht heute?) für ein Quick-Freeze-Verfahren einzutreten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Der ehemalige Datenschützer Maier! Herr Kollege Maier, Sie sind kein Datenschützer, sondern ein Datenverräter! Wenn Sie heute zustimmen, können Sie das Amt als Datenschützer gleich zurücklegen! Da­tenverräter!)

16.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Herbert. – Bitte.

 


16.35.02

Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine geschätzten Ministe­rinnen! Hohes Haus! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Innenministerin, ja, ich ge­be Ihnen recht: Einerseits darf Datenschutz kein Täterschutz werden, und andererseits braucht unsere Polizei anwendbare und vernünftige Gesetze. Nur: Die hier in Rede stehende Regierungsvorlage zur Vorratsdatenspeicherung zählt mit Sicherheit nicht zu diesen tauglichen und anwendbaren Gesetzen. (Beifall bei der FPÖ.)

Nicht nur, weil sie sicherheitspolizeilich kaum eine Auswirkung, einen Effekt auf die Kri­minalitätslage hat, der erwähnenswert erscheint – die Auswirkung stellt einen statis­tisch kaum wahrnehmbaren Wert dar –, sondern auch – und das haben zahlreiche Vor­redner hier schon gesagt –, weil massive verfassungsrechtliche Bedenken vorliegen, die einer Einführung dieser gesetzlichen Bestimmungen, dieser Vorratsdatenspeiche­rung massiv entgegenstehen.

Die Fakten sind bekannt, ich darf sie nur noch kurz erwähnen: Es gab einen vernich­tenden Bericht des Datenschutzrates zum Thema Vorratsdatenspeicherung. Es gab ein Hearing im Justizausschuss, im Rahmen dessen sich die überwiegende Anzahl der Experten massiv gegen die Einführung ausgesprochen hat – sie haben gemeint, dass hier schwerste Eingriffe in österreichische Grundrechte vorliegen. Und es gibt einen massiven Widerspruch dieser Bestimmungen zur Vorratsdatenspeicherung mit der EU-Grundrechtecharta, der bis dato noch völlig ungelöst ist und, wie Kollege Maier richtig gesagt hat, wahrscheinlich erst in einem Verfahren auf EU-Ebene gelöst werden kann. Man weiß jedoch bis heute nicht genau, wann das sein wird.

Und trotzdem wollen Sie, die Kollegen von der SPÖ, und Sie, die Kollegen von der ÖVP, in einem Akt ungemeiner EU-Hörigkeit diese Bestimmungen durchpeitschen. Ich denke, das ist unverhältnismäßig. (Beifall bei der FPÖ.)

Es entspricht auch nicht den in Ihren Ausführungen, Frau Bundesministerin, geforder­ten tauglichen Gesetzen für die Exekutive. Im Gegenteil. Ich würde sogar sagen, die­ses Vorratsdatenspeicherungsungesetz nimmt unsere Exekutive sogar in politische Geiselhaft, weil sie durch dieses Gesetz dazu gezwungen wird – ich behaupte hier zu Recht, dass unsere Polizistinnen und Polizisten es ablehnen –, politische Spitzeltätig­keit zum Nachteil der Bevölkerung durchzuführen.

 


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