Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 79

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Ich gehe gleich einmal auf Griechenland ein. Griechenland hatte im Jahr 2010 einen Schuldenstand von sage und schreibe 142,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und eine Neuverschuldung von 10,5 Prozent. Portugal hatte von 2009 auf 2010 beim Schuldenstand einen Zuwachs von 83 Prozent auf 93 Prozent des BIP (Ruf bei der ÖVP: Kärnten!) und ein Defizit von 9,1 Prozent.

Jetzt komme ich zu Irland. Irland hat den Schuldenstand in nur einem Jahr – von 2009 auf 2010 – von 66 Prozent auf 96 Prozent des BIP ausgeweitet und hatte einen Budgetsaldo – also ein Budgetdefizit – von sage und schreibe 32,4 Prozent – also beinahe das Zehnfache dessen, was die Maastricht-Kriterien zugelassen hätten. Meine Damen und Herren! So kann es in der EU nicht weitergehen. Auch mit dem Euro kann es so nicht weitergehen. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Bucher.)

Man hat den Vertrag von Lissabon in Kraft gesetzt, der nicht einmal fünf Monate in Kraft war, bevor er das erste Mal gebrochen wurde – nämlich Anfang Mai letzten Jahres mit der Griechenlandhilfe. Artikel 125, der die No-Bail-Out-Klausel formuliert hat, wurde einfach über Bord geworfen, indem man Griechenland 110 Milliarden € an Hilfsgeldern zugesagt hat, wobei man nicht weiß, wie Griechenland sie zurückzahlen soll. Sie wissen genau – Herr Professor Van der Bellen wird mir das auch bestätigen können –, dass man mit restriktiven Budgetmaßnahmen keine prosperierende Volkswirt­schaft wird schaffen können.

Dann gibt es noch andere Problemfälle wie Irland: 85 Milliarden € aus dem vorüber­gehenden Rettungsfonds. In fünf Jahren soll Irland die Zinsen und diese 85 Milliar­den € zurückzahlen – unmöglich. Die französische Finanzministerin Christine Lagarde hat es richtig ausgedrückt. Sie hat gesagt, dieses Geld reiche, um Irland drei Jahre über Wasser zu halten. Das ist die Realität.

Nach Portugal stehen auch schon andere Länder auf der Liste derer, die dann unter den neu gegründeten, permanenten Rettungsschirm schlüpfen werden. An erster Stelle wird das Spanien sein. Dabei muss man sich vorstellen, dass Spanien die viertgrößte Volkswirtschaft der EU ist. Wenn Spanien so weit ist, dann gute Nacht.

Ich darf Herrn Mojmír Hampl zitieren, Vizegouverneur der tschechischen Nationalbank, der sagt: Die „Eurozone wird sich ‚durchwursteln, bis die Ressourcen aus sind‘.“Und er meint auch: „Der Haircut wird kommen.“

Und weiters: „Es ist eine seltsame Idee zu glauben, dass alle Probleme im wirt­schaftlichen Universum mit Bail-outs gelöst werden können.“ Das hat ja die EU auch schon gewusst, als sie Artikel 125 formuliert hat.

Ich meine, man sollte von diesem falschen Weg, den man in der Privatwirtschaft als Konkursverschleppung bezeichnen würde, abgehen. (Beifall bei der FPÖ.) Man sollte jetzt hergehen und vielleicht gemeinsam mit den USA, die die gleichen Schulden­probleme wie Europa haben (Ruf bei der ÖVP: Größere!), mit den Gläubigerbanken in Verhandlungen treten, um zu Schuldnachlässen beziehungsweise Forderungs­erstreckun­­gen zu gelangen.

Meine Damen und Herren, ich weiß schon, dass solche Verhandlungen ein mittleres Erdbeben an den Finanzmärkten auslösen würden (Zwischenruf des Abg. Dr. Barten­stein) – aber nur für kurze Zeit, Herr Kollege Bartenstein. Wenn die Finanzinvestoren sehen, dass die Gläubiger mit den Schuldnern konstruktive Gespräche in Bezug auf eine ersprießliche Zukunft führen, dann wird das Vertrauen sehr bald wieder in die Märkte zurückkehren. Aber wenn wir so weitermachen, und ein Land nach dem anderen unter den Rettungsschirm kommt, dann werden wir die Spirale so weit drehen, dass es eines Tages heißen wird: Game over! Und dann ist es aus mit den Finanz-


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite