Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 100

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jemand, dessen Familie weit weg lebt. Nicht nur das! Es ist nicht nur skurril, es ist auch menschenrechtswidrig, weil es gegen den Artikel 8 EMRK verstößt.

Es hat keine Evaluierung der bestehenden gesetzlichen Bestimmungen gegeben, das heißt, eine Verschärfung kann nicht argumentiert werden und ist daher komplett willkürlich.

Der Sprachwissenschafter Univ.-Prof. Krumm sagt, folgende Sprachkenntnisse sind für einen Daueraufenthalt erforderlich: Jemand „kann eine Argumentation gut genug ausführen, um die meiste Zeit ohne Schwierigkeiten verstanden zu werden“.

Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen ganz ehrlich: Wenn ich spät abends im Hohen Haus die eine oder andere Rede höre, während der sich Abgeordnete an ein Redemanuskript klammern und es in gebrochenem Deutsch herunterlesen, dann frage ich mich, ob sie die Voraussetzungen für einen Daueraufenthalt tatsächlich erfüllen würden. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei ÖVP und BZÖ.)

Ich könnte dazu Beispiele aus sämtlichen Fraktionen – SPÖ, ÖVP, FPÖ und BZÖ – liefern. Es geht mir hier aber nicht darum, Einzelne vorzuführen, es geht mir allein darum, zu zeigen, wie zynisch diese Bestimmungen im Gesetz sind.

Wir machen daher folgenden Vorschlag: Wir stellen heute einen Rückverweisungs­antrag, denn mittlerweile gibt es auch schon in der SPÖ eine offene Rebellion. Der SPÖ-Vorsitzende von Oberösterreich empfiehlt seinen Abgeordneten, mit Nein zu stimmen. In Wien ist die SPÖ auf den Barrikaden. Stadträtin Frauenberger, die ich sehr schätze, ist überhaupt schon mehr in Opposition gegenüber der Bundesregierung als andere Oppositionsparteien. Gestern war sie gegen die Vorratsdatenspeicherung, heute ist sie gegen dieses Gesetz. Ich finde das gut. Es zeigt nur eines: Bei Rot-Grün färbt Grün ab, und das ist gut so. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Wir werden diese Bäume schon noch umschneiden!)

Meine Damen und Herren, dieses Gesetz ist zynisch, es ist menschenrechtswidrig. Weisen wir es zurück an den Ausschuss. Das eröffnet zwei Möglichkeiten: Manche Abgeordnete könnten in dieser Zeit ihre Deutschkenntnisse verbessern, und die SPÖ könnte die eine oder andere Maßnahme überdenken. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Ablinger würde gerne etwas sagen!)

14.07


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Tamandl. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


14.07.58

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Steinhauser, es ist geradezu peinlich, wie Sie hier untergriffig gegen andere Abgeordnete vorgehen. Ich finde das dieses ernsten Themas unwürdig. (Beifall bei ÖVP und FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Österreich hat in den letzten Jahren sehr viel für Asylwerber getan. Die Österreicherin­nen und Österreicher haben sehr viele Menschen aufgenommen: nach Kriegen, nach Verfolgung et cetera. Wir sollten das Thema sachlich abhandeln, und wir sollten auch die neue Anwesenheitsverpflichtung, die jetzt kommt, sachlich abhandeln.

Ich weiß nicht, was Sie daran stört, wenn ein Asylwerber innerhalb kürzester Zeit all die Dinge, die er sagen muss, die er beweisen muss, erledigen kann, wenn man sofort, in den ersten paar Tagen, beweisen kann: Ich bin der und der, ich komme von dort und dort und ich bin wirklich verfolgt worden aufgrund religiöser, ethnischer, rassischer


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