Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 50

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„Wer Ökostrom blockiert, fördert Atomstromimporte!“

Als erste Rednerin zu Wort kommt die Antragstellerin, Frau Klubvorsitzende Dr. Glawischnig-Piesczek. Die Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.

 


10.20.04

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Wirt­schaftsminister! (Die Rednerin dreht sich zur Regierungsbank um): Wo ist er denn? (Abg. Grillitsch: Hinter Ihnen! Rechts!) Ah da! Schönen „Guten Morgen“! Ich habe Sie gerade noch da drüben gesehen, auf der anderen Seite. Er sitzt links – interessant! (Abg. Grillitsch: Es ist ganz selten, dass Sie nach rechts schauen!)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, wir wollten uns heute einmal ein bisschen ausführlicher mit unserem Energieminister auseinandersetzen, insbesondere was die Frage angeht, welche Lehren er aus der Katastrophe von Fukushima gezogen hat. Die vier Reaktoren dort zerstören sich nach wie vor selbst, die Situation ist nicht beherrschbar, und in allen Ländern der Welt hat es in der energiepolitischen Diskus­sion so etwas wie eine Zäsur gegeben.

Österreich hat einen Energieminister, der in diesen Tagen sagt, wir brauchen keine Energiewende, der davon ausgeht, dass in Österreich alles bestens ist, und der nicht fähig ist, zu reflektieren, sich die wichtige Frage durch den Kopf gehen zu lassen, ob wir nicht vielleicht doch eine Energiewende in Österreich brauchen. (Beifall bei den Grünen.)

Die Daten und die Fakten sind eigentlich ernüchternd. Wir haben im Bereich Strom im Moment weniger erneuerbaren Anteil, als das noch im Jahr 1997 der Fall war, also keine Fortschritte in den letzten 15 Jahren, und im Bereich Energieeffizienz schaut es ähnlich matt aus: im Durchschnitt zwei Prozent Stromverbrauchszuwachs, vom Jahr 2009 auf das Jahr 2010 waren es sogar viereinhalb Prozent. Also: Was die großen Ziele angeht, Energieeffizienz auf der einen Seite und erneuerbare Energien zu steigern, hat Österreich noch einiges zu tun.

Jetzt haben wir ein aktuelles Gesetz, das ein Schlüssel sein könnte für diese Energie­wende. Das Ökostromgesetz könnte das Herzstück einer Energiewende auch in Österreich darstellen. Und was legen Sie uns vor? – Herr Wirtschaftsminister, Sie legen uns ein Atomstromgesetz vor. (Abg. Kopf: Wie kann man nur so einen Unsinn erzählen?!) Ich sage das in dieser Deutlichkeit, weil es tatsächlich ein Atomstrom­gesetz ist.

Wir waren jetzt viel unterwegs. Die Grünen waren in vielen Nachbarländern unterwegs, auch ich persönlich, und das Argument, das wir am häufigsten hören und das wirklich ernüchternd ist, lautet: Wie kann man glaubwürdig gegen AKWs jenseits der Grenze auftreten, wenn man mittlerweile Atomstrom in der Größenordnung eines Atomkraft­werkes in Österreich importiert? Das ist eine vollkommen berechtigte Frage, und ich denke, das größte Ziel muss es sein, in den nächsten Jahren zu 100 Prozent aus Atomstrom auszusteigen und spätestens im Jahr 2020 vollkommen auf erneuerbare Energie umgestiegen zu sein – im Bereich Strom zumindest. (Beifall bei den Grünen.)

Mit dem derzeit vorliegenden Gesetz wird eine Kleingeistigkeit weiter verwaltet, die im letzten Jahrzehnt, insbesondere seit 2006, die wirtschaftliche Entwicklung in Österreich nachhaltig behindert hat. Das ist selten der Fall, dass über 200 Unternehmen an den Wirtschaftsminister herantreten, sehr, sehr intensiv protestieren und sagen: Wir sind auf der ganzen Welt erfolgreich – nur in Österreich ist es nicht möglich, einen ver­nünftigen Home-Markt aufzubauen, sodass wir unsere Technologie, unser Know-how, das wir beitragen können, auch in Österreich verkaufen können. Wir haben mittlerweile Wartelisten für Hunderte von Anlagen im Bereich der Photovoltaik und der Wind-


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